Ein Nationaldenkmal

Ein Nationaldenkmal

Die Risiera di San Sabba

Die Geschichte Triests hat viele Facetten. Von zentraler Bedeutung ist sicher, dass diese Stadt einmal der wichtigste Seehafen der österreichisch-ungarischen Monarchie war, wovon die prächtigen Bauten der Stadt bis heute Zeugnis ablegen. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Monarchie wurde Triest im Vertrag von Saint Germain Italien zugesprochen. Heute ist Triest die östlichste Stadt Italiens und Hauptstadt der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien.

In diesem Beitrag geht um jenen Teil der Geschichte der Stadt, der lange Zeit verdrängt wurde: das einzige Vernichtungslager in Italien während des Zweiten Weltkriegs, die Risiera di San Sabba.

Nationales Denkmal/ Risiera di San Sabba. Foto: EK

Die Vorgeschichte reicht bis zum Anfang der 1920er Jahre zurück. Bereits 1922 übernahmen in Italien die Faschisten unter Benito Mussolini die Macht. Bereits nach der Machtübernahme der Faschisten in den zwanziger Jahren war es zu Verfolgungen der slowenischen und kroatischen Minderheiten gekommen und die Lage der jüdischen Gemeinde zunehmend schwieriger geworden. 1938 verkündete Mussolini in Triest die strengsten Rassengesetze außerhalb des Deutschen Reiches. Damit begann die gezielte Verfolgung der jüdischen Gemeinde Triests, die damals mit etwa 5000 Mitgliedern die drittgrößte in Italien war. Dazu kamen noch etwa 2.000 Juden und Jüdinnen, die vor der Verfolgung aus Deutschland und Österreich geflohen waren und sich in der Stadt aufhielten.

Während des Zweiten Weltkriegs trat Italien 1940 als Verbündeter des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in den Krieg ein. Nach der Landung der Alliierten 1943 auf Sizilien, dem Sturz Mussolinis und der Einsetzung einer Regierung unter Generalfeldmarschall Badoglio durch den italienischen König wurde im September 1943 ein Waffenstillstand verkündet. Der Einmarsch der deutschen Truppen in Rom und die Flucht der Regierung in den von den Alliierten befreiten Süden Italiens bedeutete praktisch die Teilung des Landes.

Triest wurde von den Nationalsozialisten im September 1943 in die “Operationszone Adriatisches Küstenland” eingegliedert und der Leiter der systematischen Judenvernichtung, SS-Gruppenführer Odilo Globocnik, zum Verantwortlichen für den Polizei- und Sicherheitsapparat der Adriaküste ernannt.

Die ursprünglich als Reismühle erbaute Anlage, die später in eine Militärkaserne umgebaut wurde, wurde durch die SS zuerst als provisorisches Gefangenenlager für italienische Soldaten genutzt und dann in ein sog. Polizeihaftlager umgewandelt. In diesem wurden Mitglieder von slowenischen, kroatischen und italienischen Widerstandsgruppen und der Kollaboration mit den Partisanen verdächtigte Zivilpersonen von der SS und ihren ukrainischen Helfern festgehalten, gefoltert und ermordet. Ermordet wurden dort auch jene Juden, die für den Weitertransport in die Konzentrationslager zu schwach waren oder die aufgrund der Nichteinhaltung von Vorschriften verhaftet worden waren. Als Sammellager diente es für Juden und Jüdinnen, von dem aus sie von Dezember 1943 bis Februar 1945 in Vernichtungslager in Polen deportiert wurden.

Der Historiker Elio Apih beschrieb das Lager als Mikrokosmos der Formen und Methoden der nationalsozialistischen Unterdrückungspolitik und als Ort, an dem Deportationen aus politischen und rassischen Gründen stattfanden, Techniken und Methoden der Ausgrenzung und der für die SS-Logik typischen Gewalttaten sowie die Ausbeutung der Häftlinge als Arbeitskräfte zur Anwendung kamen (übersetzt nach The Risiera of San Sabba, Broschüre, Comune di Trieste, S. 20).

In der Risiera di San Sabba befand sich auch ein Krematorium. Heute steht ein Monument an dieser Stelle, das an den Rauchfang des Krematoriums erinnern soll.

Nationales Denkmal/ Risiera di San Sabba. Foto: EK

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs hat die SS noch gezielt versucht, die Spuren ihrer Verbrechen zu vernichten; das Gebäude, in dem die Gefangenen getötet worden waren und das Krematorium wurden gesprengt, Unterlagen vernichtet. Bis heute kann daher nicht genau festgestellt werden, wie viele Menschen in diesem Lager gefangen gehalten und ermordet wurden. Aufgrund der vorhandenen Unterlagen und Augenzeugenberichte wird von der historischen Geschichtsforschung von 3.000 bis zu 5.000 Opfern ausgegangen. Weitere 20.000 bis 25.000 Menschen wurden von diesem Sammellager aus in Vernichtungslager deportiert.

Nationales Denkmal/ Risiera di San Sabba. Foto: EK

Im Jahr 1965 wurde die Risiera di San Sabba durch Dekret des Präsidenten der Republik Italien zum Nationaldenkmal erklärt. Nach einer Renovierung der Gebäude und Gestaltung der Gedenkstätte unter der Leitung des Architekten Romano Boico und der Einrichtung des Museums wurde der Gebäudekomplex im Jahr 1975 als Museum der Stadt Triest der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Nationales Denkmal/ Risiera di San Sabba. Skulptur von Marcello Mascherini. Foto: EK

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