Ödön von Horvath

Ödön von Horvath

Kritischer Beobachter seiner Zeit

„Ich habe nur zwei Dinge, gegen die ich schreibe, das ist die Dummheit und die Lüge. Und zwei wofür ich eintrete, das ist die Vernunft und die Aufrichtigkeit.“ (Ödön von Horvath, Randbemerkung zum Theaterstück Glaube Liebe Hoffnung)

Ödön von Horvath, Berlin 1928. © Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek

Ödön von Horvaths (1901-1938) Leben war von den historischen Umbrüchen seiner Zeit geprägt: den Ersten Weltkrieg und den Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie, die Weimarer Republik, das Erstarken des Nationalsozialismus und die Machtübernahme Hitlers in Deutschland 1933, die Eingliederung Österreich in das Deutsche Reich 1938, durch Flucht aus Österreich und Exil. Geboren in der österreichisch-ungarischen Monarchie, wurde er nach dem 1. Weltkrieg ungarischer Staatsbürger. 

Vater Edmund von Horvath war Ungar und als Beamter des ungarischen Handelsministeriums als Handelsattaché tätig, den seine Funktion an unterschiedliche Orten führte. Ödön von Horvath wurde in Fiume (heute Rijeka, Kroatien geboren. Danach folgten die Stationen Belgrad und später Budapest, wo er privaten ungarischen Sprachunterricht erhielt und in die Volksschule ging. In München besuchte er bis 1916 das Gymnasium, anschließend zwei Jahre die Oberrealschule in Pressburg, und legte  1919 die Matura an einem privaten Realgymnasium in Wien ab. Sein anschließendes Studium in München, wo er die Fächer Philosophie, Psychologie, Theaterwissenschaften und Germanistik belegte, hat er 1922 ohne Abschluss abgebrochen. Danach arbeitete er in einem Verlag.

Schon 1916 waren die ersten Gedichte Horvaths erschienen. Die ersten Kurzgeschichten veröffentlichte der 1920 in der Zeitschrift „Simplicissimus“.  Anfang der 1920er Jahren begann er, Theaterstücke zu schreiben, die mit großem Erfolg aufgeführt wurden. 1929 erschien sein erster Roman, „Sechsunddreißig Stunden“, ein Jahr darauf der Roman der „Ewige Spießer“. Im Jahr 1931erhielt er den Kleist-Preis, der ihm von seinem Freund Carl Zuckmayer überreicht wurde.

Von 1924 bis 1933 lebte er überwiegend in Murnau in Südbayern. Dort erlebte er den Aufstieg des Nationalsozialismus seit seinen Anfängen mit; nach einer Auseinandersetzung mit SA-Männern musste er im Frühjahr 1933 Bayern verlassen und übersiedelte zuerst nach Österreich, 1934 dann nach Berlin.

Da seine Werke in Deutschland nicht mehr aufgeführt werden durften, waren diese Jahre überschattet von finanziellen Problemen. In der Hoffnung, Aufführungen seiner Stücke doch noch zu ermöglichen, ging er sogar eine kurzfristige Mitgliedschaft im Reichsverband Deutscher Schriftsteller ein; allerdings durften seine zeitkritischen Theaterstücke unter den Nationalsozialisten nicht mehr auf der Bühne gezeigt werden. Als Ausweg arbeitete er an Filmproduktionen mit.

Bereits 1935 kam er wieder nach Österreich, da in Wien und in der Tschechoslowakei seine Stücke noch gespielt werden durften. Hier begann eine sehr intensive Arbeitsphase, in der er mehrere Theaterstücke verfasste. 1937 schrieb er in Henndorf bei Salzburg, wo auch die Zuckmayers wohnten, zwei Romane: „Jugend ohne Gott“ und „Ein Kind seiner Zeit“. „Jugend ohne Gott“ erschien im Herbst 1937 im Exilverlag Allert de Lange in Amsterdam, wurde bereits in den nächsten Monaten  in acht Sprachen übersetzt und begründete den internationalen Erfolg Horvaths. In Deutschland jedoch wurde das Werk von den Nationalsozialisten umgehend verboten und beschlagnahmt.

Im März 1938 musste er nach dem Einmarsch der deutschen Truppen und der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich auch Österreich verlassen. Als ungarischer Staatbürger ging er zunächst nach Budapest, die weiteren Stationen seiner Flucht führten ihn in die Tschechoslowakei und über Zürich nach Amsterdam, wo er beim Verlag Allert de Lange seinen Roman „Ein Kind seiner Zeit“ Korrektur gelesen hat, der im Herbst 1938 erschienen ist.

Über Paris wollte er in die USA emigrieren. Dazu sollte es nicht mehr kommen. Am 1. Juni 1938 wurde er während eines Gewittersturms in Paris von einem herabfallenden Ast getötet. Sein Begräbnis fand am 7. Juni am Friedhof von Saint-Ouen in Paris statt, die Grabrede hielt Carl Zuckmayer. (Anmerkung: Im Jahr 1988, 50 Jahre nach seinem Tod, erfolgte auf Betreiben der Stadt Wien die Überführung seiner sterblichen Überreste nach Wien, wo er nun im Familiengrab auf dem Heiligenstädter Friedhof begraben liegt).

Von Klaus Mann als „eine der merkwürdigsten dichterischen Begabungen seiner Generation“ bezeichnet, gilt Ödön von Horvath als Erneuerer des Volksstücks  (Neukonzeption des Volksstücks) und gehört noch immer zu den meistgespielten AutorInnen des deutschsprachigen Theaters.

In einem Interview für den Bayrischen Rundfunk betonte er 1932, dass seine Muttersprache die deutsche ist, er sich als Mensch fühle, „der sich unter allen Umständen zum deutschen Kulturkreis zählt“ und ein deutscher Schriftsteller ist.

Er war ein sehr genauer Beobachter, der von sich selbst sagte, dass er „doch kein anderes Bestreben habe, als die Welt zu schildern, wie sie halt leider ist.“ (Interview für den Bayrischen Rundfunk).

Als Schriftsteller hat er dies in seinem umfangreichen Werk getan: in 24 Theaterstücken, darunter sein erstes Stück, Die Bergbahn, mit dem er als Dramatiker bekannt wurde, Geschichten aus dem Wiener Wald, Zur schönen Aussicht, Kasimir und Karoline, Glaube Liebe Hoffnung, Eine Unbekannte aus der Seine; in vier Romanen, der bekannteste davon „Jugend ohne Gott“, in Kurzgeschichten, Lyrik und Arbeiten für Rundfunk und Film.

Die Herausgabe der historisch-kritischen Ausgabe der Werke Ödön von Horvaths “Wiener Ausgabe sämtlicher Werke” wurde von Univ. Prof. Dr. Klaus Kastberger am Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung der Karl-Franzens-Universität Graz betreut; mittlerweile sind im Verlag de Gruyter 19 Bände erschienen.

Links:

Verlag de Gruyter https://www.degruyter.com/serial/horvath-b/html?lang=de#volumes

Schloßmuseum Murnau: Schloßmuseum Murnau: Ödön von Horvath (schlossmuseum-murnau.de)

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