Technik!

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Technik und Fortschritt – Vergangenheit und Gegenwart

Da es das Radio in Österreich nun bereits hundert Jahre gibt, ist derzeit an verschiedenen Stellen von der Geschichte des Radios die Rede. Die Geschichte dieses Mediums weist uns aber auch darauf hin, wie Wissenschaft und Forschung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Entwicklungen auf verschiedenen Gebieten ermöglicht und vorangetrieben haben, die unseren Alltag heute bestimmen.

Hat sich das Radio in den 1920er Jahren als Massenmedium durchgesetzt, waren es ab den 1960er Jahren das Fernsehen, Ende des 20. Jahrhunderts der PC und Anfang des 21. Jahrhunderts das Smartphone. Anhand einiger ausgewählter Beispiele sollen die Auswirkungen von technischen Entwicklungen, die bereits im 19. Jahrhundert begannen, gezeigt werden.

Ein Aspekt ist die Geschichte der Fotografie, die in ihren Anfängen bereits auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückgeht. Durch die Verbesserung der Kameras, die Weiterentwicklung der fotografischen Objektive, Platten sowie später der Einführung des Zelluloids als Trägermaterial und der Entwicklung der Fotos konnte bereits um 1890 die Industrialisierung der Fotografie einsetzen. Die erste industriell gefertigte Rollfilmkamera, Kodak Nr.1, kam 1888 auf den Markt. Damit setzte auch in diesem Bereich eine Entwicklung ein, die durch fortlaufende Verbesserung bis zur Pocketkamera führte, die im Alltagsgebrauch erst in den letzten fünfzehn Jahren durch die in die Smartphones eingebauten Kameras ersetzt wurde.

In enger Verbindung mit der Fotografie steht die Entwicklung des Films. Zu Beginn stand eine Aneinanderreihung von Bildern (Laterna Magica) und später von Serienfotografien. Erst später wurde eine Filmkamera entwickelt, mit der 1888 die ersten bewegten Bilder aufgenommen wurden, die als Film bezeichnet werden können. 1895 gab es in New York und in Berlin weltweit die ersten Vorführungen von Kurzfilmen vor einem zahlenden Publikum. Dies war der Beginn der bis heute andauernden Entwicklung der Filmindustrie, über den Stummfilm, den Schwarz-weiß-Film hin zum Farbfilm ebenso wie von Zeichentrickfilmen bis hin zu computeranimierten Animationsfilmen.

Ebenfalls Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Entwicklung der Schallaufzeichnung in Frankreich und in den USA. Der Phonograph war als Nebenprodukt von zwei anderen Erfindungen, dem Telegrafen und dem Telefon, an denen Thomas Alvar Edison arbeitete, entstanden. 1877 wurde der Phonograph als “Sprechmaschine” von Edison zum Patent angemeldet. Mit diesem Gerät konnten akustisch-mechanische Aufnahmen gemacht und wiedergegeben werden.

Eine Weiterentwicklung dieses Geräts stellte das Grammophon dar, das 1887 von Emil Berliner zum Patent angemeldet wurde. Als Gerät zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Tönen konzipiert, wurde es als Abspielgerät zum mechanischen Vorläufer des Plattenspielers und Grundlage der modernen Tonindustrie. Die durch Emil Berliner und seinen Bruder Joseph gegründete Deutsche Grammophongesellschaft machte dieses neue Medium um 1900 auch in Deutschland populär.

Zuerst mussten diese Geräte mit einer Kurbel aufgezogen werden, später wurden sie elektrisch betrieben. Die elektrisch betriebenen Geräte wurden als Plattenspieler bezeichnet. Ab den 1960er Jahren setzte sich der Plattenspieler weltweit durch, bis er durch weitere Entwicklungen wie Kassetten, später CD und das Streamen/Übertragen von Audio-Inhalten auf internetfähigen Geräten wie z.B. Smartphone abgelöst wurde.

Für die Entwicklung des Radios ist auch noch eine weitere Erfindung von Bedeutung, jene der Sprachübertragung. Alexander Graham Bell, Professor für Sprechtechnik und Physiologie der Stimme, führte auf der Grundlage der Ideen seiner Vorgänger zur Weiterentwicklung der “Sprechmaschine” akustische Experimente durch, die letztlich 1876 zur Anmeldung des Patents für das Telefon führten. Nach Weiterentwicklungen war das Telefon 1881 praktisch einsatzfähig.

In Wien, damals Haupt- und Residenzstadt der österreichisch-ungarischen Monarchie, wurden 1881 aufgrund eines Erlasses der Handelsministeriums, der den Betrieb in einem Radius von 15 km um den Stephansdom gestattete, im selben Jahr die ersten Telefonanlagen und die erste Fernsprechvermittlungszentrale Österreichs mit 154 TeilnehmerInnen eröffnet. Im Jahr 2023 besaßen 89 % der Österreicher:innen ab 15 Jahren ein Smartphone.

Wissenschaftler und Ingenieure arbeiteten in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts an der Weiterentwicklung der Funktechnik. Grundlage für jede Rundfunk- und Fernsehübertragung sind elektromagnetische Wellen. Als es dem deutschen Physiker Heinrich Rudolf Hertz 1886 gelang, in Experimenten elektromagnetische Wellen zu erzeugen und nachzuweisen, schuf er damit die Voraussetzung für die Entwicklung in diesen Bereichen. Bereits durch die Erfindung des Phonographen durch Thomas Alvar Edison war die Möglichkeit geschaffen worden, akustische Ereignisse aufzuzeichnen, zu konservieren und wieder abzuspielen.

Die erste Radioübertragung fand von einer von Guglielmo Marconi errichteten provisorischen Radiostation auf der Isle of Wight in Großbritannien im Jahr 1895 statt. Während Anfang des 20. Jahrhunderts das neue Medium noch mit Versuchssendungen erprobt wurde, begann dessen kommerzielle Nutzung erst zu Beginn der 1920er Jahre.

In Österreich gab es durch einen Privatsender 1923/24 erste Radioübertragungen. Mit der Gründung der RAVAG (RadioverkehrsAG) als erster öffentlicher Rundfunkgesellschaft mit Sitz im obersten Stock des damaligen Heeresministeriums (heute Regierungsgebäude Stubenring 1) erfolgte die Aufnahme eines regulären Sendebetriebs im Ausmaß von rund 3,5 Stunden täglich für zu Beginn etwa 11.000 Haushalte in Wien und Umgebung, die eine Empfangslizenz hatten. Bereits Ende 1924 waren es fast 100.000. Im Jahr 1925 wurde in Graz der erste Regionalsender errichtet.

Lt. Statistik Austria hörten 2023 etwa zwei Drittel der Bevölkerung regelmäßig Radio. Neben den Sendern des Österreichischen Rundfunks sind im Fachverband der Telekommunikations- und Rundfunkunternehmungen der Wirtschaftskammer 135 kommerzielle Sender und 24 kommerzielle Internet-Radios registriert und im Verband freier Rundfunk Österreich 15 nicht kommerziell orientierte Sender.

Ausstellung Hört! Hört! 100 Jahre Radio. Museum für Geschichte Graz. Röhrenradio Radione G 21931-32. Mediensammlung Heinz M. Fischer Graz. Ausstellungsansicht. Foto: EK

Fortschritt kann Angst machen, damals wie heute – vor dem Neuen, dem Ungewohnten. Ein Rückblick auf Entwicklungen, die Gutes brachten, ist daher wichtig, sei es im Bereich der Unterhaltung, im Haushalt, der Arbeitswelt oder im Hinblick auf die Mobilität. Es geht immer wieder darum, sich mit noch nicht bekanntem zu befassen, sich durch kritische Beschäftigung eine eigene Meinung zu bilden. Denn Technik kann auf verschiedene Arten genutzt werden – zum Nutzen der Menschen oder zur Zerstörung. Es kommt darauf an, wie wir damit umgehen und sie einsetzen.

In seinem im Jahr 1936 entstandenen Theaterstück “Der Lechner Edi schaut ins Paradies”, in dem sich Jura Soyfer mit den Fortschritt der Technik und ihren Folgen für die Menschen befasst hat, heißt es im Schlusslied:

"Ein Hoch den Erfindern, die Wunder getan!
Ein Hoch allen Neuen und Alten!
Sie ließen ein Erbe, auf uns kommt es an,
Dass wir es gehörig verwalten!"

Links:

Museum für Geschichte. Universalmuseum Graz: Ausstellung “Hört! Hört! 100 Jahre Radio” https://www.museum-joanneum.at/museum-fuer-geschichte/unser-programm/ausstellungen/event/hoert-hoert

Technisches Museum Wien: Ausstellung “100 Jahre Radio. Als Österreich auf Sendung ging” https://www.technischesmuseum.at/ausstellung/100_jahre_radio

Haus der Geschichte Österreichs: “Senden, stören, streamen. Radio in 100 Bildern.” Online-Ausstellung zur österreichischen Radiogeschichte: https://hdgoe.at/mitschreiben/radio_100

Jura Soyfer, Der Lechner Edi schaut ins Paradies: auf Projekt Gutenberg.de kostenlos lesen: https://www.projekt-gutenberg.org/soyfer/lechner/lechner.html

Ausstellung Hört! Hört!100 Jahre Radio, Museum für Geschichte, Graz. Ausstellungsansicht. Foto: EK

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