Dagobert Peche
Das Ornamentgenie der Wiener Werkstätte
Wie Dagobert Peche das Design der Wiener Werkstätte (mit)geprägt hat und welchen Einfluss sein umfangreiches Schaffen bis heute hat, ist derzeit in der Ausstellung “Dagobert Peche und seine Spuren in die Gegenwart” im Museum für angewandte Kunst in Wien zu sehen.
Dagobert Peche wurde 1887 in St. Michael im Lungau geboren und verbrachte seine Kindheit in Oberndorf bei Salzburg. Nach der Übersiedlung der Familie nach Oberösterreich besuchte er die Volksschule in Neufelden und Freistadt im Mühlviertel in Oberösterreich. Nach einem Vorbereitungsjahr im Bendediktiner-Gymnasium in Kremsmünster wurde er Schüler der k.k. Staatsrealschule in der Stadt Salzburg, wo er 1906 seine Matura machte.
Danach studierte er auf Wunsch seines Vaters von 1906-1910 Architektur an der Technischen Hochschule in Wien. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit Malerei und studierte 1908 bis 1911 an der Akademie der bildenden Künste Wien.
Nach Abschluss seiner Studien heiratete er 1911 Nelly Daberkow; ihre Töchter wurden 1912 und 1920 geboren. Im Jahr 1911 begann auch seine Zusammenarbeit mit der Wiener Werkstätte, wobei er zuerst für deren Stoffabteilung tätig war. Im Bereich des Textildruckes arbeitete er mit der Firma Backhausen zusammen. Im Jahr 1912 nahm er seine Zusammenarbeit mit der Gmundner Keramik auf.
In den Folgejahren befasste er sich mit Ausstellungsgestaltung und Innenarchitektur. Bei der Internationalen Kunstausstellung in Rom 1914 gestaltete er die österreichische Abteilung. Seine Entwürfe für Inneneinrichtungen zeigte er bei der 45. Secessionsausstellung, im Museum für Kunst und Industrie (heute: Museum für angewandte Kunst-MAK) in Wien und bei der Werkbundausstellung in Köln. Im Jahr 1915 wurde er offiziell in die Wiener Werkstätte aufgenommen, für die er in den nächsten Jahren tätig sein sollte.
• Exkurs Wiener Werkstätte: Die Wiener Werkstätte war 1903 von Josef Hoffmann und Kolo Moser gemeinsam mit dem Mäzen Fritz Waerndorfer als Produktionsgemeinschaft bildender Künstler gegründet worden. Ziel war die Erneuerung der Kunst durch die Einbeziehung des Kunstgewerbes und die Gestaltung von Lebens- und Arbeitsräumen im Sinne eines Gesamtkunstwerks. Design wurde als Verbindung von Kunst und Handwerk verstanden. Der industriellen Massenproduktion sollten hochwertige, zeitgemäße Qualitätsprodukte entgegengesetzt werden, wobei sich jedoch nur eine kleine, sehr begüterte Schicht diese teuren Qualitätsprodukte leisten konnte. Bereits 1914 war die Firma in großen Schwierigkeiten, konnte aber gerettet werden. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten und eine Anpassung an die veränderte Nachfrage zentral. Inflation, wirtschaftliche Probleme und die Weltwirtschaftskrise führten im Jahr 1932 letztlich zur Schließung des Unternehmens.•
Nach seiner Aufnahme in die Wiener Werkstätte war Dagobert Peche bereits 1915 für die Gestaltung der Modeausstellung der Wiener Werkstätte verantwortlich, im Jahr darauf für den Umbau des Verkaufslokals in Wien.
Im Zuge des Ersten Weltkriegs wurde er 1916 zum Wehrdienst eingezogen und in der Folge einem Militärbaubüro zugeteilt. Da während des Ersten Weltkrieges seitens des Staates Devisen benötigt wurden, förderte der Staat Exporte für Gewerbetreibende und Firmen. Dadurch konnte die Wiener Werkstätte eine Niederlassung in Zürich gründen.
Aufgrund einer Intervention der Leitung der Wiener Werkstätte konnte Dagobert Peche seinen Wehrdienst bereits 1917 quittieren und die neu gegründete Niederlassung der Wiener Werkstätte in Zürich als Leiter übernehmen. Dort war er sowohl für die Gestaltung des Verkaufslokals als auch für den Schauraum verantwortlich. In Zürich befasste er sich außerdem verstärkt mit Schmuckdesign und Textilkunst.
Ende 1919 kehrt Dagobert Peche nach Wien zurück, wo er sein umfangreiches Schaffen für die Wiener Werkstätte fortsetzte und deren Formensprache wesentlich prägte, indem er von den geometrischen Mustern abging und von der Natur inspirierte Dekore einführte. Josef Hoffmann, einer der Begründer der Wiener Werkstätte, bezeichnete ihn als “Ornamentgenie”.
Peche beteiligte sich 1920 und 1921 an den Kunstschauen, wobei seine Entwürfe allerdings nicht nur positive Kritiken erhielten. Besonderen Erfolg hatte er 1922 mit einer für die Wiener Werkstätte entworfenen Tapetenkollektion.
In den Jahren 1921/22 arbeitete er an einem Manuskript, das unter dem Titel “Der brennende Dornbusch” die Überwindung der Funktionalität zugunsten der dekorativen Kunst zum Inhalt hatte.
Das Werk von Dagobert Peche zeichnet sich durch unerschöpfliche Kreativität und Vielfältigkeit aus. Die Besonderheiten sind einerseits seine Experimente mit unterschiedlichen Materialien wie Glas, Keramik, Leder, Silber oder Papier und andererseits die Vielfalt der von ihm geschaffenen Designs. Diese reichen die von ganzen Inneneinrichtungen, über Möbel wie Sessel, Tische, Vitrinen, Schreibtische, Schränke, über Tapeten, Luster, Stehlampen und Spiegel, bis hin zu Kaffeeservice, Vasen, Dosen, Blumenübertöpfe, Stoffen und Spitzen. Für die Wiener Werkstätte entwarf er fast 3000 Einzelstücke.
Dagobert Peche starb 1923 im Alter von 36 Jahren an einer Krebserkrankung. Bereits im Herbst 1923 fand eine Gedächtnisausstellung im damaligen Museum für Museum für Kunst und Industrie (MAK) statt.
Die derzeit zu sehende Ausstellung “Peche Pop” ist thematisch in sieben Bereiche gegliedert: Arkadien, Metamorphose, Unmögliche Räume, Zierwut, Boudoir, Unheimlich und Paradies und macht anhand von Beispielen sein umfangreiches Werk sichtbar. Gleichzeitig vermittelt die Ausstellung rückblickend die Bedeutung seines Schaffens und seines Einflusses im Bereich des Designs, indem sie seine Entwürfe mit jenen von nachfolgenden DesignerInnen des 20. und 21. Jahrhunderts in Verbindung bringt.
Die Ausstellung ist noch bis 11. Mai 2025 im Museum für angewandte Kunst zu sehen!
Adresse: MAK-Museum für angewandte Kunst, Stubenring 5, 1010 Wien https://www.mak.at/
Öffnungszeiten: Dienstag 10:00-21:00 Uhr, Mittwoch- Sonntag 10:00-18:00 Uhr. Montag geschlossen, an Feiertagen geöffnet.
Katalog: Peche Pop. Dagobert Peche und seine Spuren in der Gegenwart. Hg. Lilli Hollein, Anne-Katrin Rossberg, Claudia Cavallar. MAK, Wien, Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln 2025.
Link: Online-Sammlung des MAK: Arbeiten von Dagobert Peche sind in der Online-Sammlung des MAK zu sehen: https://sammlung.mak.at/de/search?q=Dagobert%20Peche&start=0&rows=32&facet=true&random=false&year_bucketing=true&year_bucketing_size=50&sort_field=highscore&sort_direction=desc