Irma von Troll-Borostyáni
Vorkämpferin der Frauenemanzipation
“Denn die einzig gerechte und vernünftige, weil zweckentsprechende Teilung der Arbeit ist eine solche, welche nicht dem sozialen Stand und dem Geschlecht der Glieder der Gesellschaft, sondern nur ihrer individuellen Neigung gemäß eingerichtet ist.” (Schulen für Mädchen. Aus: Die Mission unseres Jahrhunderts,. Preßburg 1878)
“Die verstärkte Konkurrenz, welche die Zulassung der Frauen zu den bisher vom Mann monopolisierten Erwerbsgebieten zur Folge haben würde, erregt seinen Unwillen. Deshalb wächst seine Entrüstung, je lukrativer die Berufszweige sind, um die es sich handelt, und in je höherem gesellschaftlichen Ansehen sie stehen...Diese Selbstsucht sieht mit ruhigem Gemüt zu, wenn die niederen, wenig einträglichen Beschäftigungsgebiete von den Frauen überschwemmt werden, wenn die Frauen in diesem oder im häuslichen Dienst für Gatte und Kinder sich halb zu Tode arbeiten. (Für das Frauenstudium und die berufliche Gleichstellung, Aus: Das Recht der Frau, Berlin 1893)
Irma von Troll-Borostyáni war eine Vorkämpferin der Frauenemanzipation und Wegbereiterin für die Einführung des Frauenwahlrechts.
1847 in Salzburg geboren, ermöglichten ihre Eltern ihr eine ausgezeichnete Erziehung, wobei der Unterricht zuerst zu Hause erfolgte, bevor sie zwei Jahre im Internat im Stift Nonnberg verbrachte, der damals einzigen Schule in Salzburg, in der Mädchen eine höhere Bildung erhalten konnten.
1870 ging sie nach Wien, um eine Ausbildung als Pianistin zu machen. Zur gleichen Zeit begann sie unter den Pseudonym Leo Bergen bereits Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften zu veröffentlichen.
1873 geht sie als Musiklehrerin nach Budapest. Dort lernte sie den Schriftsteller und Journalisten Nandor Borostyáni kennen, den sie 1875 heiratete. Mit ihm hatte sie eine Tochter, die jedoch schon als dreijährige an Diphterie starb. In Ungarn arbeitete sie auch an der Studie „Die Mission unser es Jahrhunderts. Eine Studie über die Frauenfrage“, die 1878 erschienen ist.
Im Jahr 1882 kehrte sie nach Salzburg zurück. Als Schriftstellerin und Journalistin veröffentlichte sie in den nächsten Jahren Studien und Artikel zur Frauenfrage und Romane und Novellen mit sozialkritischem Inhalt, die zu ihrer Zeit große Beachtung fanden. Zu den Werken zur Frauenfrage zählen Gleichstellung der Geschlechter (1888), der Katechismus der Frauenbewegung (1893), Das Weib und seine Kleidung (1897), Verbrechen der Liebe (1900) und So erziehen wir unsere Kinder zu Vollmenschen (1912).
1893 war sie eines der Gründungsmitglieder des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins. Weiters war sie Mitglied des Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen, im deutschen Schriftstellerverein und im Deutschen Bund für Mutterschutz und Sexualreform.
Lt. Rosa Mayreder setzte sie sich „mit unerschrockenem Mut und schlagfertiger Politik“ für die Rechte der Frauen und die Frauen- und Mädchenbildung ein, verbreitete in Artikeln und Vorträgen die Ideen der Frauenbewegung und zeigte die gesellschaftlichen und sozialen Probleme ihrer Zeit auf, übte Kritik an den herrschenden Moralvorstellungen und Geschlechtsrollenzuschreibungen, forderte die Befreiung vom Korsett – und war die erste Frau, die in Salzburg kurze Haare und Männerkleidung trug und Zigarren rauchte.
Literatur: Irma von Troll-Borostyáni, Ungehalten. Vermächtnis einer Freidenkerin. Hg. Christa Gürtler.Otto Müller-Verlag, Salzburg-Wien 1994.