Schätze entdecken

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Was hat Mode mit Archivarbeit zu tun?

Ein wichtiger Teil unserer Geschichte ist in Archiven gelagert. Vieles bleibt verborgen, manches wird sichtbar. Besser gesagt: von ArchivarInnen, WissenschaftlerInnen, AutorInnen sichtbar gemacht. Hier möchte ich als Beispiel das Landesarchiv Hessen anführen: Etwa 150 Regalkilometer Akten, über 800 000 Karten und Pläne sowie ca. 240 000 Urkunden – ein Schatz, der nicht nur bewahrt wird, sondern Interessierten zur Einsichtnahme offen steht und in verschiedenen Ausstellungen einer breiten Öffentlichkeit präsentiert wird.

Ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Ergebnisse von Archivarbeit über Themen aus unserer Vergangenheit mit Bezug zur Gegenwart der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, zeigt das Landesarchiv Hessen mit seinen Ausstellungen, von denen einige auch in einer Online-Version zu sehen sind.

Die Themen sind vielfältig und reichen von der Geschichte der Kleidung, über das Essen, Hexenverfolgungen, Druckgrafiken aus dem 1. Weltkrieg bis zur Geschichte der Monuments Men in Marburg.

Ein ganz besonderes Beispiel dafür ist die Online-Ausstellung “Lifestyle im Archiv. Hessische Mode aus 6 Jahrhunderten”. Hinter diesem Titel verbirgt sich ein sehr interessanter Ansatz zur Aufbereitung dieses Themas: Unter Heranziehung von unterschiedlichen Archivmaterialien wie Modezeitschriften, Modezeichnungen, Kleidungsordnungen und Kleidungsvorschriften, Stoffproben, Kleiderinventaren, Werbung, Plakaten und Schriftverkehr werden über die Kleidung hinaus das Leben in der jeweiligen Zeit, die Weltanschauungen und sozialen Gegebenheiten vermittelt.

Sehr anschaulich wird anhand von aussagekräftigen Bildern dargestellt, wie seit dem Spätmittelalter durch Kleiderordnungen soziale Hierarchien sichtbar gemacht und, wenn erforderlich, auch der Verschwendungssucht einzelner Kreise Einhalt geboten wurde. Auf der anderen Seite steht ab dem Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts die sich für die Repräsentation und als Statussymbol durchsetzende schwarze spanische Hofkleidung, die im 17. Jahrhundert von der luxuriösen französischen Hofmode abgelöst wurde. Die französische Revolution bewirkte zwar eine durch die Orientierung an der Antike vorerst einfachere Damenmode und auch eine zunehmend funktionale Herrenkleidung, trotzdem blieb die soziale Rangordnung auch in der Kleidung nach wie vor aufrecht. In der Ausstellung geht es aber nicht nur um Kleidung, sondern auch um Accessoires, wie Perücken, Nylonstrümpfe und das Korsett. Theater- und Fastnachtskostüme werden als Möglichkeit, die strengen gesellschaftlichen Hierarchien zu überwinden, präsentiert.

Archivmaterialien erlauben auch Einblick in die Entwicklung einheitlicher Uniformen für das Militär bzw. die (Söldner)Heere seit dem 17. Jahrhundert, für Bedienstete der Höfe, für die Staatsbeamten oder die geistlichen Orden und in die Entstehung des Interesses an der Volkstracht im 19. Jahrhundert. Zum Abschluss wird noch ein besonderes Ausstellungsstück gezeigt: eine von Friedrich Goethe, Schneidermeister und Großvater des Dichters, ausgestellte Rechnung.

Durch die Ausstellungen wird die Bedeutung und das Ergebnis eingehender Archivarbeit im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar. Die Ausstellung führt nicht nur vor Augen, wie Archivarbeit im 21. Jahrhundert konkret umgesetzt wird, sondern regt auch dazu an, sich anhand eines konkreten Themas Gedanken über historische Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Gegenwart zu machen.

Links:

https://landesarchiv.hessen.de/ausstellungen

https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/mode-in-hessen/

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