Akseli Gallen-Kallela
Finnische Kunst um 1900: Eine Entdeckung
Das Belvedere hat sich seit einiger Zeit zur Aufgabe gemacht, KünstlerInnen in Verbindung mit der Zeit, in der sie lebten, den nationalen Gegebenheiten, den internationalen Kunstströmungen und den Verbindungen zu anderen KünstlerInnen zu präsentieren. Ein weiterer Aspekt ist die Vorstellung von KünstlerInnen, die aus verschiedenen Gründen in Österreich heute weniger bekannt sind.
Im Unteren Belvedere ist derzeit einem der bedeutendsten Künstler der nordischen Moderne um 1900, dem finnischen Maler Akseli Gallen-Kallela, eine Ausstellung gewidmet. Die vom Belvedere in Kooperation mit dem Ateneum Kunstmuseum/ Finnische Nationalgalerie in Helsinki gestaltete Ausstellung stellt das vielfältige Werk dieses Künstlers mit Gemälden, Druckgrafiken, Möbel- und Textildesigns in einer Einzelausstellung dem österreichischen Publikum vor.
Ausgangspunkt für die Ausstellung war der Umstand, dass Gallen-Kallela bereits in den Jahren 1901 und 1904 von der Wiener Secession eingeladen worden war, seine Werke in Ausstellungen der Secession zu zeigen, da es sich die 1897 gegründete Wiener Secession zur Aufgabe gemacht hatte, internationale KünstlerInnen und ihre Werke nach Wien zu holen. 1901/02 war er in der Ausstellung “nordische KünstlerInnen” mit 14 Gemälden vertreten und die Zeitschrift der Secession, Ver Sacrum, widmete ihm eine eigene Ausgabe. Von der Vorgängerorganisation des Belvedere wurde das Gemälde Frühjahr angekauft. Die begeisterte Aufnahme seines Werks führte zu einer weiteren Einladung im Jahr 1904, zu der Gallen-Kallela auch persönlich nach Wien kam.
Eine Besonderheit der Ausstellung im Unteren Belvedere ist, dass es gelang, vierzehn jener Werke, die bereits damals in den Ausstellungen der Secession zu sehen waren, wieder nach Wien zu holen und damit Einflüsse und Verbindungen sichtbar zu machen.
Axel Waldemar Gallén wurde 1865 in eine gut situierte Familie geboren. Bereits als Jugendlicher machte er von 1878-1884 aufgrund seiner Begeisterung für die bildende Kunst eine Kunstausbildung an der Zeichenschule der Finnischen Gesellschaft der schönen Künste und nahm auch Privatunterricht. Danach konnte er von 1884 bis 1889 seine Ausbildung in Paris fortsetzen und stellte mehrmals im damals führenden “Pariser Salon” aus.
Am Anfang seiner künstlerischen Tätigkeit sind die Natur Finnlands und die Landbevölkerung zentrale Themen seiner Malerei. Diese Zeit ist gekennzeichnet durch eine realistische Darstellung von Natur und Menschen.
Nach seiner Rückkehr nach Finnland, der Heirat Mary Slöör und der Familiengründung baute er in den Jahren 1894-95 in Zentralfinnland das Atelierhaus Kalela, das in den nächsten sechs Jahren sein Lebensmittelpunkt wird. Angeregt durch die Arts-and Crafts-Bewegung in England entwirft er dafür Einrichtung und Ausstattung. Die Textilentwürfe wurden von seiner Frau umgesetzt.
Von zunehmender Bedeutung wird in dieser Zeit auch die Beschäftigung mit dem finnischen Nationalepos Kalevala, einem Ursprungsmythos über die Entstehung der Welt und HeldInnensagen. Die Natur Finnlands und dieses Nationalepos spielen für Finnland und für seine Kunst eine zentrale Rolle.
Für Finnland sind die Jahre 1809 bis 1917 die Zeit der russischen Fremdherrschaft und des Strebens nach politischer Selbstbestimmung. Die Kuratorin der Ausstellung, Arnika Groenewald-Schmidt fast seine Bedeutung in diesem Zusammenhang wie folgt zusammen: “Gallen-Kallelas Kunst spielte eine wesentliche Rolle bei der Findung einer neuen finnischen Identität um 1900”. Seine eigene finnische Identität betonte er mit der Änderung seines Namens auf Akseli Gallen-Kallela im Jahr 1907.
Durch das Kennenlernen neuer Kunstrichtungen wurde er zu einer neuen Bildsprache angeregt, später erlernte er die Druckgrafik und beschäftigte sich mit Wandmalereien. Für seine Textil- und Möbelentwürfe für den finnische Pavillon wird er auf der Weltausstellung in Paris ausgezeichnet. In der Ausstellung werden die Vielseitigkeit seiner Arbeit, seine Verbundenheit mit finnischen Motiven und sein Interesse am internationalen Austausch mit KünstlerInnen seiner Zeit deutlich.
Es ist auch eine Zeit des Reisens nach Berlin, London und Florenz und der Teilnahme an Ausstellungen in Russland und zuerst in der Münchner Secession, später in der Wiener Secession und der Gruppe Phalanx Wassily Kandinsky in München. Seine Reise nach Wien führte ihn weiter nach Italien, Südfrankreich und Spanien. Später folgen längere Auslandaufenthalte in Budapest und Paris und ein Aufenthalt mit seiner Familie in Britisch-Ostafrika (Kenia) um 1910. Der Rückkehr nach Finnland folgte 1911-1913 die Erbauung seines Atelierhauses in der Nähe von Helsinki.
Ein Höhepunkt seiner Karriere ist 1914 die Ausstellung seiner Werke in einer eigenen Sektion bei der Biennale in Venedig. Die Werke werden danach auch in den Vereinigten Staaten, in San Francisco gezeigt und prämiert.
Einschneidend sind für ihn auch die Jahre 1917 bis 1919. Finnland erlangte Ende 1917 die Unabhängigkeit, 1918 kämpfte Gallen-Kallela in dem durch sich verstärkende gesellschaftliche Gegensätze und eine Verfassungskrise ausgelösten finnischen Bürgerkrieg. Später erhielt er den Auftrag, für Finnland Flaggen, Banknoten, Uniformen, Abzeichen und Medaillen zu entwerfen.
Die Jahre 1923 bis 1926 verbrachte er in den USA, nahm dort an Ausstellungen teil und lebte mit seiner Familie in der Künstlerkolonie von Taos in New Mexiko. Nach seiner Rückkehr nach Finnland begann er mit Entwürfen für eine bebilderte Ausgabe des Kalevala und gestaltete ebenfalls mit Motiven aus diesem Mythos die Kuppel des Finnischen Nationalmuseums.
Akseli Gallen-Kallela starb im Jahr 1931 und gilt heute als bedeutendster Vertreter der finnischen Nationalromantik in der Bildenden Kunst.
Die Ausstellung ist im Unteren Belvedere in Wien bis 2. Februar 2025 zu sehen!
Adresse: Unteres Belvedere, Rennweg 6, 1030 Wien https://www.belvedere.at/besuch/unteres-belvedere
Öffnungszeiten: täglich 10:00-18:00 Uhr
Video zur Ausstellung (3:47 min): https://www.youtube.com/watch?v=BRc4SJKLVk8
Katalog: Akseli Gallen-Kallela, Finnland erfinden. Hg. Stella Rollig, Arnika Groenewald-Schmidt. Verlag Buchhandlung Walther und Franz König, Köln 2024.