Austropop?
Musikgeschichte anders gesehen
Mit der Ausstellung “Austropop. Von Mozart bis Falco” begibt sich das Theatermuseum Wien auf eine Spurensuche durch die österreichische Musikschaffen von Mozart bis in die heutige Zeit. Dabei wird der Versuch unternommen, Verbindungen zwischen unterschiedlichen Kunstformen wie Oper, Operette, Schauspiel, Kleinkunst und der unter dem Schlagwort “Austropop” zusammengefassten vielfältigen Musikstile von österreichischen Künstler:innen herzustellen.
Es ist ein eigenwilliger Zugang, der mit dieser Ausstellung verfolgt wird: Pop-Kultur wörtlich zu nehmen, nämlich als Populärkultur, die zwischen Volkskultur und Subkultur angesiedelt ist. Gleichzeitig wird diese Bezeichnung nicht nur für die Kunst der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, sondern bereits auf unterschiedliche Musikstile seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts angewendet. Wobei hier in einem Nebensatz angemerkt sei, dass zur Zeit Mozarts noch keine Unterscheidung zwischen ernster und Unterhaltungsmusik gemacht wurde.
In der Ausstellung geht es um Populärkultur, aber auch um die Suche nach dem Subversiven und Kritischen in der Kunst. Gleichzeitig geht es um Starkult, Musik als österreichischem Exportschlager und das durch Musik vermittelte Selbst- und Fremdbild Österreichs. Das klingt verwirrend? Ist es auch, da die verschiedenen Zusammenhänge nicht immer logisch nachvollziehbar sind und in der Ausstellung keineswegs so schlüssig präsentiert werden, dass ein inhaltlicher roter Faden erkennbar wäre – außer natürlich, dass es sich um Musik, Theater und Kleinkunst handelt, die in Österreich, vor allem in Wien, entstanden ist und von Musikern und Schauspielern, deren Karriere hier begann.
Die Themen der sieben Ausstellungsräume sind daher als “Blitzlichter” einer Entwicklung zu verstehen, die zwischen Volkstheater, Operettenseligkeit und Zeit- und Sozialkritik angesiedelt ist. Jedenfalls ist der Zugang zur Thematik ein interessanter. Ein Beispiel dafür ist die hergestellte Verbindung des Opernlibrettisten, Lorenzo da Ponte, der u.a. die Texte zu den Mozartopern Die Hochzeit des Figaro und Don Giovanni schrieb, über Emanuel Schickaneder, den Volksschauspieler, Sänger, Dichter, Theaterdirektor, Textdichter von Mozart´s Oper Die Zauberflöte und ersten Papageno, über den Volksschauspieler und Dramatiker Johann Nestroy mit seiner Kritik am Polizeistaat des Vormärz, bis hin zu den Dialektliedern des Austropop.
Ein anderer Zugang, dem die Ausstellung ebenfalls große Aufmerksamkeit widmet, ist der Zugang zu Populärkultur über die Operette und das Musical, beginnend mit Johann Strauß und dem Siegenzug seiner Operette “Die Fledermaus”, über die “Lustige Witwe” von Franz Lehar, die in Amerika Triumphe feierte, und Heinrich Bethés “Das Dreimäderlhaus”, einem Schauspiel über Franz Schubert, das die internationalen Bühnen in der Zwischenkriegszeit eroberte, bis hin zum – außer in Österreich – weltbekannten Musical “Sound of Music” bis hin zum Schlager nach Nachkriegszeit und zum Musical “Elisabeth” (Wien, 1992) und Mozart! (Wien, 1999).
Ein weiterer Erzählstrang der Ausstellung befasst sich mit der Kleinkunst, von der Zwischenkriegszeit mit Fritz Löhner-Beda, Fritz Grünbaum und Hermann Leopoldi bis zur Nachkriegszeit mit Karl Farkas, Gerhard Bronner; Georg Kreisler und Helmut Qualtinger.
Der Hauptteil der Ausstellung ist dem sog. “Austropop” gewidmet, der sich ab den 1970er Jahren entwickelte, beginnend mit den im Dialekt gesungenen Liedern “Da Hofa” von Wolfgang Ambros und “Wie a Glockn” von Marianne Mendt. Unter Austropop werden unterschiedlichste Musikstile zusammengefasst, von Wolfgang Ambros, Reinhard Fendrich, über Marianne Mendt, Georg Danzer, Ludwig Hirsch bis hin zu Arik Brauer, Drahdiwaberl, STS, EAV (Erste Allgemeine Verunsicherung), Falco, Hubert von Goisern und Willi Resetarits. Die Unterschiedlichkeit der Musikstile und Texte zeigt nicht nur die unglaubliche Vielfalt des künstlerischen Schaffens, sondern bedingt auch, dass viele der Musikschaffenden das “Austropop-Etikett” ablehnen. Jedenfalls wird in diesem Teil der Ausstellung erstmals ein Stück musikalischer Zeitgeschichte Österreichs seit den 1970er Jahren gezeigt.
Der reich bebilderten Katalog zur Ausstellung enthält Beiträge über die historische Entwicklung von Emanuel Schikaneder, über Nestroy bis zum österreichischen Film der Nachkriegszeit und seinen Stars, und die Geschichte des Austropop.
Die Ausstellung ist im Theatermuseum noch bis 4. September 2023 zu sehen!
Adresse: Theatermuseum, Lobkowitzplatz 2, 1010 Wien https://www.theatermuseum.at/
Öffnungszeiten: täglich außer Dienstag 10:00-18:00 Uhr
Katalog: Austropop. Hg. Marie-Theres Arnbom. Almalthea Signum Verlag, Wien 2022.