Broncia Koller-Pinell

Broncia Koller-Pinell

Auf dem Weg in die Moderne

Mit der Ausstellung “Boncia Koller-Pinell. Eine Künstlerin und ihr Netzwerk” bringt das Belvedere das Werk einer Künstlerin wieder in das Licht der Öffentlichkeit zurück, die als Künstlerin zur KünstlerInnenelite Österreichs gehörte, einen wesentlichen Beitrag zur Kunst der Wiener Moderne geleistet hat und zwischen 1890 und 1930 im nationalen und internationalen Ausstellungsbetrieb in rund 50 Ausstellungen vertreten war.

Broncia-Koller-Pinell (1863-1934), Foto 1895 (FotografIn-unbekannt)

Broncia Koller-Pinell wurde 1863 als Tochter einer wohlhabenden jüdischen Familie in Sanok, Galizien, das damals zur Habsburgermonarchie gehörte, geboren. Da die Eltern großen Wert auf die Erziehung ihrer 5 Kinder legten, wurden diese von deutschen Hauslehrern unterrichtet und besuchten Schulen in Breslau. 1873 erfolgte die Übersiedlung der Familie nach Wien.

Bereits im Alter von 18 Jahren entschied sie sich für eine künstlerische Laufbahn. Da den Frauen damals der Besuch der Kunstakademie nicht gestattet war (in Österreich und Deutschland war dies erst ab 1920 der Fall), ermöglichten ihr die Eltern ab 1881 privaten Unterricht in Zeichnen und Malen. In den Jahren 1888-1890 erhielt sie eine Ausbildung an der vom Münchner Künstlerinnen-Verein gegründeten Münchner Damenakademie, einer privaten Kunstschule für Frauen.

Bereits 1890 begann ihre rund 40 Jahre dauernde Karriere, als sie eines ihrer Werke im Künstlerhaus in Wien ausstellen konnte. In den nächsten Jahren folgten weitere Ausstellungsbeteiligungen im Künstlerhaus Wien, an der Weltausstellung in Chicago, München und Leipzig.

Dies vor dem Hintergrund, dass die Situation von Künstlerinnen in Wien zu dieser Zeit äußerst schwierig war, da ihnen eine ordentliche Mitgliedschaft in Künstlervereinigungen, die Ausstellungen organisierten, und zwar sowohl im am Historismus orientierten Wiener Künstlerhaus als auch in der im Jahr 1897 gegründeten Wiener Sezession verwehrt war (erst ab 1949 konnten Frauen Mitglieder werden).

Gleichzeitig kam sie nach ihrer Rückkehr nach Wien in Kontakt mit führenden Frauen der bürgerlichen Frauenbewegung, Rosa Mayreder und Marie Lang. In Rosa Mayreders Salon sollte sie auch ihren späteren Ehemann, Hugo Koller, kennenlernen, den sie 1896 heiratete. Nach der Heirat ging das Ehepaar aus beruflichen Gründen zuerst nach Golling bei Hallein in Salzburg, später nach Nürnberg. In dieser Zeit wurden auch die beiden Kindes des Paares geboren, Rupert (1896-1976) und Silvia (1998-1966).

Broncia Koller-Pinell, Orangenhain an der französischen Riviera, 1903 Foto: Belvedere, Wien

Die Rückkehr nach Wien erfolgte im Jahr 1902. Broncia Koller-Pinell, die von ihrem Ehemann in ihrer künstlerischen Tätigkeit sehr unterstützt wurde, setzte ihre Karriere fort, führte einen Salon, in dem sie die geistige und künstlerische Elite Wiens traf, und war gemeinsam mit ihrem Mann auch Mäzänin und Förderin junger Künstler. So ließen sie ihre Wohnung in Wien von Josef Hoffmann und Kolo Moser einrichten und kauften Werke von Künstlern an. Als sie das Haus von Pinells Eltern in Oberwaltersdorf übernahmen, waren es ebenfalls Josef Hoffmann und die Wiener Werkstätte, die für dessen Gestaltung engagiert wurden.

Die Namen jener Personen, die in ihrem Salon verkehrten, lesen sich wie das Who is Who der bedeutendsten Persönlichkeiten Wiens dieser Zeit, darunter waren Sigmund Freud, Lou Andreas-Salomé, Gustav Klimt und Emilie Flöge, die Maler Carl Moll, und Heinrich Schröder, Egon und Edith Schiele, Alma Mahler-Werfel, der Begründer der Anthroposophie Rudolf Steiner und die Komponisten Hugo Wolf und Paul Hindemith. Besonders wichtig für ihre künstlerische Laufbahn sollte jedoch die Verbindung zur Kunstschaugruppe werden.

Broncia Koller-Pinell, Silvia Koller mit Vogelkäfig, 1907/08 Sammlung Eisenberger, Wien

Die Kunstschaugruppe hatte sich aus den mit Gustav Klimt 1905 aus der Sezession ausgetretenen Künstlern gebildet und veranstaltete im Jahr 1908 in Wien die Kunstschau. Zu dieser Kunstschau wurden auch Künstlerinnen eingeladen – ein Drittel der Ausstellenden waren Frauen, darunter Broncia Koller-Pinell, die mit Gemälden und Holzschnitten vertreten war. Im Jahr darauf folgte die internationale Kunstausstellung, zu der sie neuerlich eingeladen wurde.

Im Jahr 1912 schloss sich die Klimt- und Kunstschaugruppe mit anderen Wiener Vereinigungen zum Bund österreichischer Künstler zusammen. Der Präsident, Gustav Klimt, lud Broncia Koller-Pinell zur Teilnahme ein und unterfertigte am 19. Jänner 1913 den Aufnahmebrief. Ein Jahr später schloss sich auch die Neukunstgruppe um Egon Schiele dem Bund an. Die Vereinigung, die 1932 aufgelöst wurde, veranstaltete 1930 die letzte gemeinsame Ausstellung. Broncia Koller-Pinell war auch Mitbegründerin de Künstlervereinigung Sonderbund, Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft und des Österreichischen Werkbundes. An der ersten Ausstellung des Vereins bildender Künstlerinnen und Kunsthandwerkerinnen in Wien hat sie sich 1927 beteiligt.

Broncia Koller-Pinell, Die Ernte, 1908 Foto: Belvedere, Wien

Als Künstlerin hat sie sich während ihres Lebens ständig weitergebildet, die Kunstströmungen ihrer Zeit sehr interessiert wahrgenommen und in ihr Werk integriert – ausgehend von der Münchner Schule, über den Wiener Secessionismus und Jugendstil, Einflüsse der japanischen Kunst, den Impressionismus, den Pointillismus, den deutschen Expressionismus bis zur Neuen Sachlichkeit in den 1920er Jahren. Es entstanden Gemälde – Porträts, Landschaften und Stillleben – und Holzschnitte, die bis 1931 ausgestellt wurden.

Bis 1931 nahm sie an großen Ausstellungen in Europa teil. Von Wien und Salzburg über München, Nürnberg, Berlin, Bern, Brüssel, Amsterdam, Den Haag , Budapest und Prag bis Warschau waren ihre Werke zu sehen.

Als der Bund Österreichischer Künstler 1932 aufgelöst wurde, verlor sie ihr wichtigstes Netzwerk, da die weiblichen Mitglieder nicht in die Sezession aufgenommen wurden. Dazu kam eine schwere Erkrankung, an der sie 1934 in Oberwaltersdorf gestorben ist.

Broncia Koller-Pinell, Stillleben mit Heiligenbild, um 1918/19 Foto: Landessammlungen NÖ

War sie zu ihrer Zeit eine weit über die Grenzen Österreichs hinaus berühmte und angesehene Künstlerin, geriet ihr Werk durch den zunehmenden Antisemitismus in den 1930er Jahren, die “Kultur”politik des austrofaschistischen und ab 1938 des nationalsozialistischen Regimes in Vergessenheit.

Erst 1961 wurde ihr Werk auf Initiative ihrer Tochter in den Räumen der Österreichischen Staatsdruckerei im Rahmen einer Gedächtnisausstellung wieder öffentlich gezeigt. In der Folge kam es zum ersten Ankauf durch die Österreichische Galerie im Belvedere, durch den das Gemälde “Die Ernte” Eingang in die Sammlung fand, und danach zu weiteren Ankäufen ihrer Werke von Museen. Werkschauen von Broncia Koller-Pinell wurden erst wieder 1993 vom Jüdischen Museum Wien und 2013 vom Niederösterreichischen Landesmuseum St. Pölten veranstaltet.

Die Ausstellung ist noch bis 8. September im Unteren Belvedere zu sehen!

Adresse: Unteres Belvedere, Rennweg 6, 1030 Wien https://www.belvedere.at/besuch/unteres-belvedere

Öffnungszeiten: täglich 10.00-18:00 Uhr

Katalog: Zur Ausstellung ist ein informativer und reich bebilderter Katalog erschienen: Broncia Koller-Pinell. Eine Künstlerin und ihr Netzwerk. Hg. Stella Rollig, Katharina Lovecky, Alexander Klee. Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln 2024

Katalog

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