Elisabeth Wild

Elisabeth Wild

Fantasiefabrik

In einem großangelegten Ausstellungsprojekt präsentiert das mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien derzeit auf zwei Ausstellungsebenen das Früh- und Spätwerk der Künstlerin Elisabeth Wild. Es ist die erste umfassende Retrospektive der Künstlerin in Wien und auch die letzte Ausstellung, für die die Künstlerin in Zusammenarbeit mit der Kuratorin Marianne Dobner Anfang 2020 die Auswahl der Werke vorgenommen hat.

Im Zentrum der von der Künstlerin noch selbst autorisierten Ausstellung “steht Wilds künstlerische Entwicklung, die einem Ritt durch die Kunstgeschichte des 20. und 21. Jahrhundert gleicht.” (Karola Kraus, Direktorin mumok)

Elisabeth Wild an ihrem Arbeitstisch in Panajachel © Estate of Elisabeth Wild, 2023 Ana Werren / Courtesy the Artist‘s Estate and Proyectos Ultravioleta, Guatemala City

Elisabeth Wild wurde 1922 in Wien als Elisabeth Pollak geboren. Da ihr Vater Jude war, musste die Familie 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen und ging nach Buenos Aires, Argentinien. In Buenos Aires studierte sie Malerei an der Academia Nacional de Bellas Artes, wo sie eine traditionelle Ausbildung erhielt.

Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitete sie als Textildesignerin. Durch diese Tätigkeit lernte sie ihren späteren Ehemann, den Besitzer einer Textildruckerei, August Wild, kennen. Ihre Tochter Vivian kam 1949 zur Welt.

Aufgrund der rechtsradikalen Politik und des sich zunehmend verschlechternden politischen Klimas in Argentinien übersiedelte die Familie 1962 in das Heimatland ihres Mannes, die Schweiz, wo sie in Basel 30 Jahre ein Antiquitätengeschäft führte.

1996 zog sie zu ihrer Tochter Vivian (Suter), ebenfalls eine bedeutende und international anerkannte Malerin, nach Panajachel in Guatemala in Lateinamerika, wo sie bis zu ihrem Tod 2020 lebte.

Elisabeth Wild Ohne Titel / Untitled, 2015 Collage auf Papier / 30.2 x 20.2 cm © Estate of Elisabeth Wild, 2023 commissioned by documenta 14. Courtesy of the Artist‘s Estate; Karma International, Zurich; and Proyectos Ultravioleta, Guatemala City, Photo: Markus Wörgötter

Das Werk von Elisabeth Wild umfasst Malerei, Skulptur, Textilentwürfe und Collagen. Ihre Malerei zeigt Landschaften, Stillleben, Akte und Porträts. In der Ausstellung in Wien wird auch erstmalig ihr bisher noch nicht gezeigtes Frühwerk einschließlich von Textilentwürfen gezeigt.

Erst spät, in ihren letzten beiden Lebensjahrzehnten, begann sie mit der Anfertigung von Collagen und konzentrierte sich ausschließlich auf diese Kunstform. Ihr Ziel war es, täglich eine Collage anzufertigen; war ihr dies nicht möglich, entstanden am nächsten Tag zwei. Dabei suchte sie für jede ihrer farbintensiven Collage nach den perfekten Komponenten, die sie auf sehr kreative und ungewöhnliche Art und Weise zusammenfügte. Jede einzelne Collage ist eine Welt für sich, erzählt eine Geschichte, wobei es den Betrachter:innen überlassen bleibt, diese für sich zu finden. Elisabeth Wild selbst hat diese Arbeiten als “Fantasias” bezeichnet.

Ohne Titel / Untitled, 2017 Collage auf Papier 27 x 18.8 cm © Estate of Elisabeth Wild, 2023 commissioned by documenta 14. Courtesy of the Artist‘s Estate; Karma International, Zurich; and Proyectos Ultravioleta, Guatemala City, Photo: Markus Wörgötter

Dieses Spätwerk brachte für sie den Durchbruch als Künstlerin. Im Alter von 95 Jahren wurde sie vom Leiter der Kunsthalle Basel und Leiter der Documenta 14, Adam Szymczyk, entdeckt und ihre Collagen auf der Documenta 2014 in Athen und Kasel präsentiert.

Die Präsentation der Collagen durch die Künstlerin erfolgte nicht einzeln, sondern in Form von raumgreifenden Installationen, in denen die Wandfarbe eine wichtige verbindende Funktion besaß. Im mumok werden 365 Collagen im Format DIN A4, die sinnbildlich für ein ganzes (Schaffens)Jahr stehen, gezeigt, wobei von der Kuratorin die Farbkonzepte vergangener Ausstellungen recherchiert und übernommen wurden. Zentraler Teil ist eine Rekonstruktion des Beitrags der Künstlerin bei der Documenta 14.

Der Titel der Ausstellung “Fantasiefabrik” wurde abgeleitet von der von der Künstlerin selbst geprägten Bezeichnung Fantasias und verweist auch auf die von ihr selbst befolgte tägliche Routine ihrer Arbeit.

Wie von der Kuratorin Marianne Dobner in ihrer Eröffnungsrede ausgeführt wurde, spiegeln die ausgestellten Objekte “in ihrer Gesamtheit ein Leben wider, dass zugleich von Flucht und Naturkatstrophen, aber auch von ihrer Hingabe an die Kunst und ihrer großen Verbundenheit zu ihrer Familie geprägt war.”

Elisabeth Wild Ohne Titel / Untitled, 2018 Collage auf Papier / Collage on paper 27.8 x 16.7 cm © Estate of Elisabeth Wild, 2023 Courtesy of the Artist‘s Estate; CARBON.12, Dubai

Die Ausstellung ist im mumok bis 7. Januar 2024 zu sehen!

Adresse: mumok Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, MuseumsQuartier, Museumsplatz 1, 1070 Wien https://www.mumok.at/de/besuch

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen: 10:00-18:00 Uhr, Mittwoch: 10:00-20:00 Uhr

Katalog zur Ausstellung: Elisabeth Wild. Fantasiefabrik. Herausgegeben von Marianne Dobner, Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien. Verlag: Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln 2023

Ausstellungsansicht / Elisabeth Wild. Fantasiefabrik. Photo: Klaus Pichler / mumok
Ausstellungsansicht /Elisabeth Wild. Fantasiefabrik. Photo: Klaus Pichler / mumok
Kommentare sind geschlossen.