Frauenrechte III
Gleichstellung im Privatleben
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie, mit 1. Jänner 1812 in Kraft getreten, regelt bis heute – durch vielfache Gesetzesnovellen an die sich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst – die „Privat-Rechte und Pflichten der Einwohner des Staates unter sich“. Im Personenrecht enthalten sind das Eherecht und die Rechte zwischen Eltern und Kindern.
Das ABGB 1812 hat die Rechtlosigkeit der Frauen in Ehe und Familie in einen Gesetzestext gegossen. Demnach war der Mann das Haupt der Familie. “In dieser Eigenschaft steht im vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es liegt ihm auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattin nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen und sie in allen Vorfällen zu vertreten.” “Die Gattin erhält den Namen das Mannes und genießt die Rechte seines Standes. Sie ist verbunden, dem Manne in seinen Wohnsitz zu folgen, in der Haushaltung und Erwerbung nach Kräften beizustehen und, soweit es die häusliche Ordnung erfordert, die von ihm getroffenen Maßregeln sowohl selbst zu befolgen als befolgt zu machen.” (§§ 91,92 ABGB, 1812; zitiert nach Erika Weinzierl: Emanzipation. Österreichs Frauen im 20. Jahrhundert. Wien 1975). Dazu kam, dass der Vater automatisch gesetzlicher Vertreter der ehelichen Kinder war. Diese Bestimmungen wurden von der nationalsozialistischen Ehegesetzgebung vollinhaltlich übernommen. Die einzige Änderung war, dass 1938 die obligatorische Zivilehe eingeführt wurde.
Die Forderung nach einer Änderung der Ehe und Familiengesetze wurden bereits von Ersten Frauenbewegung, sowohl der bürgerlichen als auch der sozialdemokratischen, erhoben. In der 1. Republik scheiterte der Initiativantrag der SozialdemokratInnen im Jahr 1925 zur Schaffung eines Gesetzes über die Gleichstellung der Geschlechter im Familienrecht.
Es sollte noch weitere 50 Jahre dauern, bis dieser Forderung entsprochen wurde. Die Gleichstellung im Privatleben wurde tatsächlich erst in der 2. Republik verwirklicht. Erst ab Mitte der 1970er Jahre ist die Reform des in Teilen noch aus dem Jahre 1811 stammenden Ehe- und Familienrechts erfolgt.
Damit wurde die rechtliche Grundlage für eine gleichberechtigte Partnerschaft von Frau und Mann in der Familie geschaffen. Kurz zusammengefast bedeutet dies, dass das Modell der Versorgungsehe von einem partnerschaftliche orientierten Familienmodell abgelöst wurde. Der Ehemann ist nicht mehr das Haupt der Familie, die Frau muss bei der Eheschließung nicht länger den Namen des Mannes annehmen. Der Ehemann kann der Frau nicht mehr verbieten, berufstätig zu sein. Beide Ehepartner sind verpflichtet, durch Berufstätigkeit oder Haushaltsführung zum Unterhalt beizutragen. Seit der Familienrechtsreform haben Väter und Mütter ihren Kindern gegenüber gleiche Rechte und Pflichten. Erst ab diesem Zeitpunkt durften auch Mütter einen Passantrag oder den Lehrvertrag für ihr Kind unterschreiben. Erst 1983 bekommt durch die Novellierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes ein Kind nicht länger automatisch die Staatsbürgerschaft des Vaters.
Bis 1989 sollte es noch dauern, bis unverheiratete Mütter verheirateten gleichgestellt wurden. Bis dahin war die Bezirksverwaltungsbehörde automatisch Amtsvormund; unverheiratete Mütter bekamen die Vormundschaft für ihr Kind nur über Antrag.
Im Jahr 2000 wurde mit dem Eherechts-Änderungsgesetz klargestellt, dass auch in einer Ehe, in der eine Person nicht erwerbstätig ist, die erwerbstätige Person in ihrer Freizeit zur Mithilfe an der Haus- Und Versorgungsarbeit verpflichtet ist. (Quelle: Susanne Feigl, 150 Jahre Frauenrechte in Österreich. 150 Jahre Frauenrechte in Österreich. Hg. BMASGK, Wien o. J (2016) )
Durch die Corona-Krise wurde deutlich, dass der Hauptanteil der zusätzlich anfallenden Belastungen für die Erziehungs- und Hausarbeit in den allermeisten Fällen von den Frauen getragen wurden. Mit Home-Office, Kurzarbeit und steigender Arbeitslosigkeit einher geht eine Rückkehr zu überwunden geglaubten Rollenklischees und zur traditionellen Arbeitsteilung in Partnerschaft und Familie. Die Folgen sind eine massiven Retraditionalisierung, ein Verlust an Selbstbestimmung der Frauen und das Festschreiben der Doppel- und Dreifachbelastung der Frauen.
Bisher hat die sichtbar gewordene Notwendigkeit und Bedeutung der Erziehungs- und Hausarbeit weder zu einer verstärkten Anerkennung, noch zur Schaffung entsprechender institutioneneller Rahmenbedingungen zu besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, noch zu einer gerechteren Verteilung der Hausarbeit (Stichwort halbe-halbe) geführt.
Wir wissen, dass das Private politisch ist. Dass sie es auch wissen, beweisen uns Politiker mit ihren Gesetzen, ihrem Handeln oder ihren Unterlassungen permanent. Gleiche Rechte sind die wesentliche Grundlage für Gleichberechtigung – die politische Forderung nach der Schaffung und/oder dem Ausbau von institutionellen Rahmenbedingungen, die diese Gleichberechtigung tatsächlich lebbar machen, muss heute wieder verstärkt in allen Bereichen gestellt werden.