Ida Pfeiffer, Weltreisende
Reiseschriftstellerin, Geografin und Ethnologin
Es wäre nichts besonders, über eine weltreisende Reiseschriftstellerin zu schreiben, würde es sich nicht um eine Frau handeln, die diese Reisen Mitte des 19. Jahrhunderts unternommen hat. “Eine Wiener Biedrmeierdame erobert die Welt” hat Gabriele Habinger sehr treffend die von ihr verfasste Biografie über Ida Pfeiffer genannt.
Ida Pfeiffer (1797-1858) war die Tochter des Textilfabrikanten Aloys Reyer und seiner Ehefrau Anna. Sie wuchs in Wien auf und wurde bis zu ihrem 9. Lebensjahr gemeinsam mit ihren Brüdern erzogen. Danach übernahm nach dem Tod des Vaters die Mutter die Erziehung, die dem Frauenbild der Zeit entsprach. Allerdings ermöglichte ihr der Unterricht von Hauslehrern, eine gute Grundbildung zu erwerben und mehrere Sprachen zu erlernen.
1820 heiratete sie den Rechtsanwalt Dr. Anton Pfeiffer, mit dem sie drei Kinder hatte, zwei Söhne und eine Tochter, die kurz nach der Geburt starb. Sie lebten in Lemberg, zogen aber mehrmals in andere Städte um. Ab 1833 lebte von ihrem Mann getrennt wieder in Wien. Als dieser 1838 starb und ihre Kinder bereits erwachsen waren, konnte sie sich ihren seit Kindertagen gehegten Traum erfüllen und auf Reisen gehen. Vor dem Hintergrund der damals geltenden Ein- und Beschränkungen für bürgerliche Frauen, ihrer geringen finanziellen Mittel und der Reisebedingungen der damaligen Zeit ein besonderes Vorhaben.
Im März 1842 begann sie von Wien aus ihre erste Reise, die bis Dezember dauern sollte. Als Vorwand dienten der angebliche Besuch einer Freundin in Konstantinopel und eine Pilgerreise nach Jerusalem. Neben diesen beiden Städten führte sie die Reise nach Palästina, in den Libanon, nach Damaskus, Ägypten und auf der Rückreise nach Sizilien, Neapel, Rom und Florenz. Nach ihrer Rückkehr wurde sie von Freunden dazu ermuntert, ihre Eindrücke niederzuschreiben. So entstand ihr erstes Buch “Reise einer Wienerin in das Heilige Land”, das 1843 anonym erschien – erst die verte Auflage wurde unter ihrem Namen veröffentlicht. Da das Buch ein Erfolg wurde, ermöglichten ihr die Einnahmen aus dem Verkauf des Buches, eine weitere Reise zu unternehmen.
Diese zweite Reise führte sie von April bis Oktober 1845 über Prag, Hamburg und Kopenhagen nach Island und auf ihrer Rückreise nach Norwegen und Schweden. Ihr zweibändiger Reisebericht “Reise nach dem skandinivischen Norden” erschien im im darauf folgenden Jahr.
In diesem Jahr startete sie auch ihre erste Weltreise, die sie in den Jahren 1846 bis 1848 unternahm.Von Hamburg fuhr sie mit dem Segelschiff nach Rio de Janeiro, von dort weiter nach einer Kap Hoorn-Umseglung nach Chile, dann Tahiti, danach China und Singapur und weiter nach Ceylon und Kalkutta, dann weiter in das Landesinnere nach Benares, Ajanta und Agra. Von dort erfolgte die Durchquerung Indiens zurück nach Bombay. Danach ging es wieder mit dem Schiff weiter nach Bagdad, dann mit einer Karawane nach Mosul. Da die Weiterreise nach Kurdistan lebensgefährlich war, hat sie ihre Tagebücher und die von ihr gesammelten Naturalien und ethnografischen Gegenstände nach Wien gesandt. Sie kam bis nach Täbris und reiste weiter durch Armenien und Georgien, von dort fuhr sie mit dem Schiff nach Konstatinopel, und über Athen, und Triest zurück nach Wien. Ihre vorausgesandten Tagebücher trafen nach einer Irrfahrt von fast eineinhalb Jahren letztlich auch in Wien ein. Diese bildeten die Grundlage für die im Jahr 1850 erschienen drei Bände “Eine Frauenfahrt um die Welt”, die mittlerweile in Übersetzung auch in England herausgegeben wurden, und die ihr, ebenso sowie der Verkauf von Teilen der von ihr gesammelten Naturalien, gleichzeitig auch wieder die Planung der nächsten Reise erlaubten.
Ihren Reisealltag bewältigte sie mit ihrer praktischen Art, die es ihrer ermöglichte, sich den jeweiligen, oftmals schwierigen, Gegebenheiten anzupassen. Nach den ersten Reiseerfahrungen nimmt sie auf ihren Reisen nur mehr so viel Gepäck mit, wie sie auch selbst tragen kann. Geprägt waren ihre Reisen auch durch Hartnäckigkeit in der Erreichung ihrer Ziele und notwendige Sparsamkeit. Dazu schrieb sie, dass die ihr für zwei- und dreijährige Fahrten zur Verfügung stehenden Mittel für Reisende wie Chateaubriand (einem Zeitgenossen) höchstens für eine vierzehntägige Badereise gereicht hätten.
Auch ihre nächste Reise wurde wieder eine Weltreise, die mit einer Reise nach London 1851 begann und dort 1855 auch endete. Von London aus schiffte sie sich nach Kapstadt ein. Nachdem ihr eine Reise durch Afrika aufgrund der enormen Kosten nicht möglich war, fuhr sie weiter nach Singapur und erkundete in den nächsten zweieinhalb Jahren die Inselwelt des malaiischen Archipels. Da sie sich als Reiseschriftstellerin bereits einen großen Namen gemacht hat, öffneten sich ihr mittlerweile viele Türen und neue Möglichkeiten, wie etwa ein Aufenthalt auf Java und Sumatra oder die Durchquerung der Insel Seram. In Indonesien erkrankte sie jedoch erstmals an Malaria, einer Krankheit, die sie für den Rest ihre Lebens begleiten wird. Trotzdem geht die Reise weiter nach Nord- und Südamerika. Von San Francisco reist sie weiter nach Panama, Ecuador und Peru, nach Lima und Quito. Danach reist sie über Panama nach New Orleans und auf dem Mississippi nordwärts, dann nach Chicago und zu den großen Seen. Im September 1854 ist sie schließlich bei den Niagarafällen angelangt. Über Quebec, Montreal und New York geht die Reise zurück nach London. Ihre zweite Weltreise dokumentiert sie unter dem Titel “Meine zweite Weltreise” in 4 Bänden.
Durch ihre Reisen, auf denen sie in für die Europäer bisher noch unbekannte Gebiete vorgedrungen ist, machte sie sich auch einen Namen als Geographin, Naturforscherin und Ethnologin. Denn obwohl als Reiseberichte geschrieben, waren ihre Bücher auch für die Fachkollegen von großem Interesse. Es waren Berichte aus der Sicht einer Frau, die bisher unbekannte Fakten über andere Kulturen enthielten und die eine wichtige Ergänzung zu den bisherigen Berichten von männlichen Forschungsreisenden waren. Gleichzeitig enthielten ihre Reiseschilderungen auch neue geografische Details. Außerdem hatte sie auf ihren Reisen eine riesige Sammlung an Naturalien und völkerkundlichen Objekten zusammengetragen, die sie sowohl selbst ausstellte als auch an Museen verkaufte. Noch heute befinden sich 4000 dieser Objekte im Naturhistorischen Museum und eine größere Anzahl weiterer Stücke im Weltmuseum in Wien.
Nach ihrer zweiten Weltreise erfährt sie im Ausland auch die gebührende Anerkennung. Alexander von Humboldt und der Geograph Carl Ritter setzen sich dafür ein, dass die “Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin” ihr als erster Frau die Ehrenmitgliedschaft verleiht. Später wird sie auch Ehrenmitglied der Société de Géographie de Paris. In Deutschland erhielt sie von König Friedrich Wilhelm IV. 1856 die “Goldene Medaille für Wissenschaft und Kunst”.
Ihre letzte große Reise, die sie von Mai 1856 bis September 1858 unternahm, führte sie nach Madagaskar. Da über diese Insel kaum Informationen vorlagen, bemühte sich Ida Pfeiffer zuerst in München, Berlin, Hamburg und Holland, Paris und London Kenntnisse darüber zu erlangen. Aufgrund drohender militärische Auseinandersetzungen auf der Insel wird ihr von dieser Reise abgeraten. Trotzdem fährt sie mit einem Auswandererschiff nach Kapstadt, und von dort weiter zu einem mehrmonatigen Aufenthalt nach Mauritius, damals als “Zuckerinsel” bekannt. 1857 fährt sie mit dem Schiff weiter nach Madagaskar. Nachdem es dort zu einem misslungenen Staatsstreich kommt, wird sie wie die anderen EuropäerInnen unter Hausarrest gestellt und dann des Landes verwiesen. An schwerem Fieber erkrankt und ohne medizinische Hilfe übersteht sie den 53 Tage dauernden Transport zur Küste und kommt todkrank in Mauritius an. Nach ihrer Genesung muss sie von dort die Rückreise nach Europa antreten. Im September 1858 trifft sie wieder in Wien ein wo sie im November 1858, wenige Tage nach ihrem 61. Geburtstag, stirbt. Die beiden Bände “Reise nach Madagaskar” wurden posthum von ihrem Sohn Oscar Pfeiffer herausgegeben.
Ursprünglich wurde sie am Friedhof St. Marx bestattet, doch 1892 – aufgrund des Einsatzes des Wiener „Vereins für erweiterte Frauenbildung“ – in ein Ehrengrab der Stadt Wien am Zentralfriedhof umgebettet.
Im Jahr 2008 wurde im 3. Wiener Gemeindebezirk der Ida-Pfeiffer-Weg nach ihr benannt. Die Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie der Universität Wien hat eine Professur nach ihr benannt; die Karl-Franzens-Universität Graz vergibt ein Ida-Pfeiffer-Mobilitätsstipendium.
Literatur: Gabriele Habinger, Eine Wiener Biedermeierdame erobert die Welt. Die Lebensgeschichte der Ida Pfeiffer (1797-1858). Wien 1997