Wer war Karin Michaelis?
Dänische Journalistin und Schriftstellerin
Karin Michaelis wurde 1872 in Randers/Dänemark als Katharina Marie Bech-Brondum geboren.
Sie schrieb mehr als 35 Romane, in denen sie Themen aufgegriffen hat, die zu ihrer Zeit kaum Eingang in literarische Werke fanden; wie Probleme der Entwicklung des Mädchens zur Frau, der Ehe und der Gleichberechtigung. Selbst das tabuisierte Thema der sexuellen Wünsche einer Frau von 40 Jahren hat sie in einem Roman “Das gefährliche Alter” bearbeitet. Dieser Roman wurde vielfach übersetzt, drei Mal verfilmt, 1927 mit Asta Nielsen in der Hauptrolle. Etwa ab 1910 bis 1938 war Karin Michaelis in Europa eine der meistgelesenen Schriftstellerinnen.
Besonders erfolgreich war sie mit ihren sechs Büchern über das Mädchen “Bibi”, in denen sie die Entwicklung dieses Mädchens erzählt, das allein die Welt erkundet und soziale und nationale Grenzen überschreitet. Die Bibi-Bücher waren in den 1930er Jahren Kultbücher, die in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurden. Vor allem haben sie mehr als eine Generation von Leserinnen dadurch geprägt, dass sie ihnen Selbstbewusstsein und Abenteuerlust vermittelt haben. Und mehr noch: Bibi wurde zum Vorbild für Astrid Lindgren’s Pippi Langstrumpf.
Auch in Wien hatte sie viele begeisterte Leserinnen. Eine davon war Eugenie Schwarzwald, die engste Freundin von Karin Michaelis. Als Leiterin der “Schwarzwaldschule” hat sie den Mädchen die Bibi-Bücher nahegebracht.
Aus ganz Europa hat die Autorin, oder eigentlich das Mädchen Bibi, hunderte Briefe von Leserinnen bekommen, die erhalten geblieben sind. Im Nachlass der königlichen dänischen Bibliothek in Kopenhagen finden sich rund 160 Briefe, darunter auch einige Briefe aus Wien.
In der Volkshochschule Hietzing ist zur Zeit eine von Angela Huemer und Robert Streibel mit Unterstützung des Zukunftsfonds der Republik Österreich realisierte Ausstellung zu sehen, die auf berührende Weise die Hoffnungen, Wünsche und Träume dieser Mädchen zeigt. Einige der Leserinnen wurden von den Nationalsozialisten ermordet, eine von ihnen, Helene Grünwald stammte aus Wien-Hietzing. Renee Liesbet, ein Mädchen, das 1942 von den Nazis ermordet worden ist, schrieb: “Ich wünsche mir noch 10 Bibibücher, so lange bis ich groß bin und dann noch weiter welche für meine Kinder”.
Die politische Situation in Europa hatte auch auf das Leben von Karin Michaelis Auswirkungen. Sie war politisch und sozial sehr engagiert, laut Fembio war ihr Grundsatz “Ungerechtigkeiten müssen benannt werden.” Sie war im Ersten Weltkrieg für das Kinderhilfswerk tätig, warnte früh vor Mussolini und Hitler, war 1932 führend am Antikriegskongress in Amsterdam beteiligt und nahm nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland zahlreiche Emigranten bei sich auf, die wohl bekanntesten waren die Schauspielerin Helene Weigel und der Schriftsteller Berthold Brecht. Auch Eugenie Schwarzwald und ihren Mann, die nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich zur Emigration gezwungen wurden und mittellos in der Schweiz lebten, hat sie bis zu deren Tod unterstützt. Als sie im Jahr 1939 zu Besuch in Amerika war, wurde sie gewarnt und konnte nicht mehr nach Dänemark zurückreisen und musste in den USA bleiben. Erst 1946 erfolgte ihre Rückkehr nach Dänemark. In den folgenden Jahren schrieb sie ihre Autobiografie (“Die wunderbare Welt”, auf deutsch 1950 erschienen).
Karin Michaelis ist 1950 in Kopenhagen gestorben.
Ausstellung: Briefe an Bibi. Karin Michaelis und ihre Leserinnen. Noch bis 18. Jänner 2020 in der VHS Hietzing, Hofwiesengasse 48, 1130 Wien. http://www.vhs.at/hietzing