Klimt und seine Zeit

Klimt und seine Zeit

Verbindungen, Inspirationen, Entwicklungen

Ein hervorragendes Ausstellungskonzept und fundierte wissenschaftliche Forschung sind die Grundlage für die grandiose Ausstellung im Unteren Belvedere “Klimt. Inspired by van Gogh, Rodin, Matisse…”, die eine völlig neue Erfahrung der künstlerischen Entwicklung von Gustav Klimt eröffnet.

Durch eine kluge Gegenüberstellung von Bildern von Gustav Klimt und jenen europäischen Künstler:innen, deren Werke er in Ausstellungen und Sammlungen in Wien aber auch auf Reisen oder durch Reproduktionen in Kunstzeitschriften kennengelernt hatte, wird in dieser Ausstellung gezeigt, wie diese ihn inspirierten und seine künstlerische Entwicklung beeinflussten.

Vorausgegangen war dieser Ausstellung ein Forschungsprojekt, in dem vom Belvedere Wien und dem Van Gogh Museum in Amsterdam gemeinsam der Frage nachgegangen wurde, welche Werke der Avantgarde Klimt gekannt hat und auf welche Art und Weise sie ihn in seiner künstlerischen Entwicklung beeinflussten.

Kunst entsteht immer auch in der Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte, den gesellschaftlichen Entwicklungen und der Kunst und den Kunstströmungen der jeweiligen Zeit. Auch bei Klimt (1862-1918) war das nicht anders. Bereits während seiner Ausbildungszeit an der Kunstgewerbeschule (heute: Universität für angewandte Kunst) befasste er sich mit Kunstgeschichte und den damals vorherrschenden Kunstrichtungen wie dem Historismus. Im Jahr 1891 wurde er Mitglied der des Künstlerhauses, der damals führenden Vereinigung Wiener Künstler. 1897 traten Klimt und einige seiner Künstlerkollegen aus dieser Vereinigung aus und gründeten die Wiener Secession, deren Präsident Klimt in den Jahren 1897-1899 war.

Bereits 1898 begann die Wiener Secession mit ihrer Ausstellungstätigkeit, zu der verstärkt internationale Künstler:innen eingeladen wurden, darunter Charles Rennie Macintosh und Margaret Macdonald, Ferdinand Hodler, Auguste Rodin, Edvard Munch. 1903 wurde erstmals in Wien eine Ausstellung über die Entwicklung des Impressionismus in Malerei und Plastik gezeigt. Die Avantgarde dieser Zeit wurde im Wien um 1900 besonders durch die Gründung der Secession bekannt. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts hat neben der Secession vor allem die Galerie Miethke in Wien die damalige Avantgarde ausgestellt: Vincent van Gogh, Paul Gaugin, Edouard Manet, Claude Monet, Paul Cezanne, Paul Signac, Henri de Toulouse-Lautrec, Pablo Picasso.

Vincent Van Gogh, Blühender Obstgarten, 1889 Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation)

Klimt hatte durch seine Vernetzung mit ausländischen Künstler:innen, in Ausstellungen, Galerien, Privatsammlungen und auf seinen Reisen nach München, Venedig und Ravenna, Paris, Madrid, Toledo und London und zusätzlich durch Kunstzeitschriften vielfältige Möglichkeiten, sich mit den Kunstströmungen seiner Zeit auseinanderzusetzen, die er ausgiebig nutzte.

Die Ausstellung “Klimt. Inspired by…” umfasst etwa 90 Gemälde und Skulpturen von Gustav Klimt und Künstler:innen seiner Zeit. Das besondere daran ist, dass sie durch die Gegenüberstellung von Werken Klimts und Werken, die Klimt nach den Erkenntnissen der Forschung gekannt hat, sehr anschaulich zeigt, wie genau und systematisch er die künstlerischen Strömungen seiner Zeit wahrgenommen hat, wie offen er neuen Entwicklungen gegenüber war, wie diese sein Werk inspiriert haben und Klimt seinen eigenständigen Stil durch die vielfältigen Eindrücke weiterentwickelte und veränderte. Vor allem zeigt uns diese Ausstellung Klimt als beständig lernenden, offenen und vorurteilsfreien Künstler. Dabei werden seine verschiedenen Schaffensphasen berücksichtigt, vom Früh- bis zum Spätwerk, Porträts, Landschaften und Zeichnungen.

Gustav Klimt, Allee im Park vor Schloss Kammer, 1912
Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Besonders erwähnen möchte ich hier die Kurator:innen der in Amsterdam und Wien gezeigten Ausstellung, weil es ihnen hervorragend gelungen ist, durch die Zusammenstellung der Werke in prägnanten Vergleichen zu zeigen, “wie Klimt mit treffsicherem Instinkt die künstlerischen Errungenschaften seiner Zeit für seine Entwicklung nutzte”: Markus Fellinger (Belvedere), Edwin Becker und Renske Suijver (Van Gogh Museum) und die Assistenzkuratorinnen Stephanie Auer (Belvedere) und Lisa Smit (Van Gogh Museum).

Abschließen möchte ich diesen Beitrag mit einem Zitat der Generaldirektorin des Belvedere, Stella Rollig, und der Generaldirektorin des Van Gogh Museums, Emilie E. S. Gordenker, aus dem Vorwort des Katalogs zur Ausstellung: “Möge diese einzigartige Auswahl und Zusammenstellung der Werke von Klimt und seinen Inspirationsquellen die Besucher:innen der Ausstellung…ebenfalls inspirieren und unterstreichen, dass durch einen offenen Blick und die Begeisterung für die Werke anderer Künstler:innen die eigene Kunst nur gewinnt und kraftvoller und bedeutender wird.”

Gustav Klimt, Wasserschlangen II, 1904/1906–07 Privatsammlung, courtesy of HomeArt

Die Ausstellung ist bis 29. Mai 2023 im Unteren Belvedere in Wien zu sehen!

Besondere Empfehlung der Spurensucherin!

Adresse: Unters Belvedere, Rennweg 6, 1030 Wien https://www.belvedere.at/besuch/unteres-belvedere

Öffnungszeiten: täglich 9:00 – 18:00 Uhr

Wichtig: Time-Slot-Tickets erforderlich!

Hinweis: Die vorbildliche Kunstvermittlung im Belvedere bietet begleitend zur Ausstellung Themenführungen an! Termine: https://www.belvedere.at/klimt-inspired-van-gogh-rodin-matisse

Katalog: Zur Ausstellung ist ein ein großartiger, reich bebilderter Katalog erschienen, der die Forschungsergebnisse zusammenfasst und ein neues Standardwerk zu Klimts Werk ist:

Klimt Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse. Hg. Stella Rollig, Markus Fellinger, Emilie E. S. Gordenker, Edwin Becker. Hirmer Verlag, München 2022

Margaret Macdonald Mackintosh, Bestickte Tafeln, um 1902-04
The Glasgow School of Art
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