Österreichisches Staatsarchiv
350 Regalkilometer Geschichte
Der Beginn einer systematischen Sammlung von staatlichen Dokumenten in Wien geht auf eine Anordnung Kaiser Maximilians I. aus dem Jahr 1502 zurück. Später gründete Kaiserin Maria Theresia im Zuge der Einführung der Zentralverwaltung 1749 ein “Geheimes Hausarchiv”, das im 19. Jahrhundert zum Haus-, Hof- und Staatsarchiv wurde.
In der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und der 1. Republik gab es in den einzelnen Zentralbehörden unterschiedliche, eigenständig agierenden Archive. Überlegungen, die unterschiedlichen und eigenständig agierenden Archive der einzelnen Zentralbehörden zu einem Archiv zusammenzuführen wurden nicht umgesetzt. Erst nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 erfolgte mit Verordnung vom 11. Januar 1940 eine Zentralisierung des Archivwesens.
Nach Kriegsende wurde das Österreichischen Staatsarchiv als nachgeordnete Dienststelle des Bundeskanzleramtes eingerichtet. Es bestand aus Haus-, Hof- und Staatsarchiv, dem Allgemeinen Verwaltungsarchiv als Zusammenlegung des Staatsarchivs des Innern und der Justiz und des Unterrichtsarchivs, dem Finanz- und Hofkammerarchiv und dem Kriegsarchiv; später wurde das Archiv für Verkehrswesen als eigene Archivabteilung eingegliedert. Eine wesentliche Strukturveränderung im österreichischen Bundesarchivwesen erfolgte 1983 mit der mit der Einrichtung der Abteilung Archiv der Republik, die für das archivwürdige Schriftgut der Zentralverwaltung seit der Gründung der Republik 1918 zuständig ist.
Die an verschiedenen Standorten untergebrachten Archive wurden durch den Neubau des Zentralsarchivs in der Nottendorfer Gasse 2 im 3. Wiener Gemeindebezirk 1987 zusammengeführt. Im Zentralarchiv, das nicht nur einige Stockwerke hoch, sondern auch mehrere Stockwerke tief ist, sind neben der Verwaltung das Archiv der Republik, das Allgemeine Verwaltungsarchiv-Finanz- und Hofkammerarchiv und das Kriegsarchiv, die Restaurierwerkstätte, eine Bibliothek mit rund einer Million Bänden und die Reproduktionsstelle untergebracht. Ein weiterer Standort ist am Minoritenplatz, in dem sich das Haus-, Hof- und Staatsarchiv befindet.
In 160 Speichern auf über 60.000 Quadratmetern und mehr als 350 Regalkilometern werden das zivile und militärische Schriftgut des Bundes und seiner Vorgängerbehörden bzw. -institutionen sowie Archivalien von privater Herkunft, die von öffentlichem Interesse sind, aufbewahrt.
Die älteste Urkunde ist aus dem Jahr 816, wie die hervorragend gestaltete Online-Ausstellung “Österreich in 99 Dokumenten” zeigt, die einen Bogen beginnend mit diesem Dokument bis hin zur Flüchtlingskrise 2015 spannt: https://oe99.staatsarchiv.at/. Das wohl wichtigste Dokument der 2. Republik ist sicher der Staatsvertrag aus dem Jahr 1955.
Das Österreichische Staatsarchiv ist aber weit mehr als ein Archiv, das die wesentlichen Dokumente aus der Geschichte Österreichs aufbewahrt. Es ist, wenn es sich dabei den Archivalien um Denkmale handelt, auch für den Denkmalschutz zuständig, hier vor allem für die entsprechende Lagerung und Restaurierung von Papier, Pergament, Siegel und Bindungen.
Von allergrößter Wichtigkeit ist es auch als Ort der Forschung und Wissenschaft. Durch die im Hinblick auf die Digitalisierung des Archivmaterials unternommenen Anstrengungen konnten über das Archivinformationssytem mittlerweile als 22.000 Urkunden aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv für Nutzer:innen kostenlos online zugänglich gemacht werden.
Es sind aber nicht nur Dokumente, die online zur Verfügung stehen. Die in der Reihe “Archivalien des Monats” außerordentlich gut aufbereiteten Informationen bieten Interessierten jeden Monat einen Einblick in die Vielfalt der verwahrten Dokumente: https://www.oesta.gv.at/veroeffentlichungen/archivale-des-monats.html.
Auch umfangreiches historisches Kartenmaterial (Europa-, Stadt-, Länder- und Katasterkarten) ist über das Internet abrufbar, ebenso wie Fotomaterial aus den Jahren 1949 bis 1992, rund 50 Kartons an Fotos und Negativen, deren Inhalt digitalisiert wurde und nun online einsehbar ist.
Die vielfältige Arbeit des Österreichische Staatsarchivs sowie aller anderen Archive, die für uns Geschichte bewahren, ist für die Forschung und damit letztlich für uns alle von größter Bedeutung: Geschichte als Basis für die Gegenwart zu verstehen, durch Grundlagenforschung und die Überprüfung anhand von Originalquellen unsere Vergangenheit zu kennen, historische Entwicklungen nachvollziehen zu können und dadurch zu wissen, wie sehr unsere Gegenwart, gekennzeichnet durch eine funktionierende Demokratie, darauf beruht.
Links:
Österreichisches Staatsarchiv: https://www.oesta.gv.at/
Online-Ausstellung Österreich in 99 Dokumenten: https://oe99.staatsarchiv.at/
Archivalien des Monats: https://www.oesta.gv.at/veroeffentlichungen/archivale-des-monats.html
Archivinformationssystem: https://www.archivinformationssystem.at/volltextsuche.aspx
Fotos 1949-1992: https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=4135653