Philokartie

Philokartie

oder die FreundInnen der Ansichtskarten

Philokartie bedeutet das Sammeln und Erforschen von Post- und Ansichtskarten. Der Begriff wurde Ende des 19. Jahrhunderts durch die französische Fachpublikation “Le Philocartiste” geprägt. SammlerInnen und ErforscherInnen von Post- und Ansichtskarten werden daher als Philokartisten bezeichnet. Die wörtliche Übersetzung des Begriffs ist: FreundInnen der Karten. Als seit meinen Kindertagen begeisterte Sammlerin von Ansichtskarten zähle ich mich auch dazu.

Im Jahr 2019 ist die Postkarte 150 Jahre alt geworden. Ihr Erfinder war der österreichische Nationalökonom Prof. Dr. Emanuel Hermann. Er hat ihre Einführung in einem Artikel in der damaligen österreichischen Tageszeitung “Neue Freie Presse” am 26. Jänner 1869 zum Thema “Über eine neue Art der Correnspondenz mittelst der Post” angeregt.

Dr. Emanuel Hermann (1839-1902)
(Foto: Michael Ogertschnig, 1846–1901)

Ausgehend von statistischen Grundlagen und der Berechnung aller Kosten für einen Brief schlug er vor, dass durch eine Änderung des Postgesetzes mit der Einführung von Postkarten eine neue, sparsame Form für einfache Benachrichtigungen in Form einer offenen Karte im Briefformat geschaffen werden sollte. Dies würde eine Ersparnis für die Schreibenden bringen, jedoch gleichzeitig für die Post keine finanziellen Nachteile, da voraussichtlich drei Mal so viele Botschaften versendet werden würden.

Correspondenzkarte aus dem Jahr 1870 mit aufgeprägter Marke und Doppeladler (de.wikipedia.org)

Dieser Vorschlag wurde aufgegriffen und mit Verordnung des Handelsministeriums vom 22. September 1869 betreffend die Einführung von Correspondenz-Karten im internen Verkehr” festgelegt, dass ab 1. Oktober 1869 von der Postverwaltung “Correspondenz-Karten” mit aufgedruckter Marke in der Monarchie ausgegeben werden. Eine Seite war für die Adresse, die Rückseite für den Text vorgesehen. Bereits im Oktober 1869 wurden 1, 4 Millionen Stück davon verkauft und sie wurde in der ganzen Monarchie sehr schnell ein beliebtes Mittel der Korrespondenz. Dass die Post damals in den Städten bis zu drei Mal am Tag zugestellt wurde, die Karten daher ein für damalige Zeit schnelles Medium waren, hat sicher auch dazu beigetragen.

Maria Rain, Kärnten, 1899

Erst in den Folgenjahren wurde die Postkarten in anderen Ländern eingeführt: 1870 im Norddeutschen Bund, in Bayern, Württemberg, Baden, Luxemburg , Berlin, in der Schweiz, Finnland und Großbritannien, 1871 folgten Belgien, die Niederlande, Dänemark und Kanada, 1872 Schweden Norwegen, Russland, Cexylon, 1873 die USA, Frankreich, Serbien, Rumänien, Spanien, Japan und 1874 Italien.

Graz 1906

Bereits 1875 wurde im Berner Postvertrag die Postkarte in 21 Ländern zugelassen. Mit dem Weltpostvertrag vom 1. Juni 1878 wurde der Geltungsbereich auf den größten Teil der Erde ausgeweitet. Für den internationalen Versand mussten die Postkarten damals lt. Vorschrift die fanzösische Aufschrift “Carte Postale” tragen (französisch war die Amtssprache des Weltpostvereins).

Salzburg 1909

Ansichtskarten wurden in Österreich-Ungarn offiziell erst ab 1. Jänner 1885 zugelassen. Zu Beginn wurden Künstler und Lithographen von Ansichtskartenverlagen beschäftigt, die Ansichtskarten entwarfen; erst später wurde das Bildmaterial von Fotografen bereitgestellt.

Wien, Praterkorso, 1913

Erst Ende des 19. Jahrhunderts ermöglichte die Einführung neuer Druckverfahren die Einführung von Ansichts- und Grußkarten mit, wie wir sie heute kennen, mit Adress- und Textteil auf einer, und aufgedruckten Motiven auf der anderen Seite. Zuerst kam ein mehrfarbiges Druckverfahren (Chromolithographie), ab 1900 verstärkt Fotodruckverfahren zum Einsatz.

Bozen (heute Italien), um 1900

Neue Druckverfahren, das Fehlen anderer Bildmedien und Kommunikationsformen und das durch den zunehmenden Eisenbahnverkehr erleichterte Reisen trugen zum Erfolg der Ansichtskarte bei. Das sog. “Goldene Zeitalter” erlebten die Ansichtskarten von 1897-1918. Damals wurde auch das Sammeln von Ansichtskarten populär.

Lemberg (heute Ukraine) 1915

Ab den 1950er führten die Möglichkeiten und das Bedürfnis zu Reisen Jahren zu einer massiven Verbreitung von Ansichtskarten. Heute ist aufgrund der vielfältigen neuen Kommunikationsformen der Markt für neue Ansichtskarten rückläufig. Mittlerweile gibt es eine vom Verein für Konsumenteninformation mit der Note gut bewertete App der österreichischen Post für die Gestaltung individueller Ansichtskarten.

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