SALONS ALS ORTE DER EMANZIPATION
The Place to Be. Salons als Orte der Emanzipation
Ausstellung im Jüdischen Museum Wien
Salons? Was hat dieser Begriff mit Emanzipation zu tun? Das Team des Jüdischen Museums Wien hat eine äußerst sehenswerte Ausstellung gestaltet, die uns dieses Thema aus dem Blickwinkel jener Frauen zeigt, die mit ihren Salons eine besondere Form der Gegen-Öffentlichkeit geschaffen haben – jeweils in ihrer Zeit und vor dem Hintergrund der damals gegebenen gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Behinderungen und Möglichkeiten.
Die Wiener Salons zwischen 1780 und 1938 waren Orte der Emanzipation, des Empowerments, der Vernetzung. Nicht nur für Kunst, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und die Entstehung einer bürgerlich-kritischen Zivilgesellschaft, sondern ganz besonders auch als Kommunikationsräume für Frauen, die bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts vom öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen waren. Für sie bot der Salon jene Chancen zur aktiven Teilhabe an künstlerischen, kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen und für soziales Engagement, die ihnen sonst bis zu Beginn des 20.Jahrhunderts verwehrt waren.
Der Umstand, dass die Salons Frauen aus dem gehobenen Bürgertum vorbehalten waren, wird in der Ausstellung durch die Frage nach den fehlenden Frauen in Salons und Kaffeehäusern thematisiert.
Die Ausstellung bietet einen Einblick in die Bedeutung der Salons vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Zeit des Exils. Die Ausstellung stellt bekannte, aber auch unbekanntere Salons vor und zeigt damit zugleich ihre Vielfalt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede: Von den Salons von Fanny von Arnstein, Cäcilie von Eskleles, Sophie von Tedesco, Therese Auspitz, Josephine von Wertheimstein bis hin zu den Reformsalons von Berta Zuckerkandl, Eugenie Schwarzwald, Yella Hertzka und Helene-Scheu-Riesz.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging in Wien auch die Ära der Salons zu Ende. Diejenigen, die diese Salons ermöglichten und die meisten BesucherInnen, die in ihnen angeregt und konstruktiv diskutierten, wurden durch dieses Regime zum Schweigen gebracht, vertrieben, ermordet.
Die Ausstellung zeigt aber auch, wie sich die Idee des Salons, des gleichberechtigten Austauschs, der konstruktiven Diskussion und Vernetzung mit den EmigrantInnen über die Welt verbreitet hat und in veränderter Form bis heute weiterbesteht. Als Beispiele dafür werden Lilly Sigall in London, Stella Kadmon in Tel Aviv, Ernst und Irma Römer in Mexiko und Salka Viertel in Santa Monica/Hollywood vorgestellt.
Weitergeschrieben wird die Geschichte bis in die Jetztzeit durch Kurzfilme von Interviews mit Sissy Strauss und Leigh Turner, die beide die Idee der Salons wieder aufgegriffen haben und aktiv leben, und über ein Salongespräch, das die Enkelin von Hilde Spiel, Anna Mendelsson, führt.
Die Ausstellung ist für die BesucherInnen außerordentlich gut aufbereitet. Die kurzen, aussagekräftigen Erläuterungen sind in großer Schrift gehalten (in deutscher und englischer Sprache), die Ausstellungsstücke klug ausgewählt, Sitzmöglichkeiten beim Ansehen und Anhören der Interviews und Kurzfilme vorhanden.
Die Ausstellung ist noch bis 14. Oktober 2018 zu sehen!
Im zweisprachigen Katalog “The Place to Be. Salons als Orte der Emanzipation“, der die Inhalte der Ausstellung nochmals wissenschaftlich fundierter aufbereitet, findet sich eine Fülle von Material für diejenigen, die sich mit diesem besonderen Aspekt der Frauengeschichte vertiefend befassen wollen. Als Überblick über die Geschichte der Salons ist das Buch ein unverzichtbares Standardwerk.
Katalog: The Place to Be. Salons als Orte der Emanzipation. Hg. Werner Hanak, Astrid Peterle, Danielle Spera im Auftrag des Jüdischen Museums Wien. Amalthea Signum Verlag. Wien, 2018. https://amalthea.at/?s=The+Place+to+Be&post_type=product
Adresse:
Jüdisches Museum Wien
Dorotheergasse 11, 1010 Wien
Öffnungszeiten:
Sonntag bis Freitag: 10:00 -18:00 Uhr, Samstag: geschlossen
Erreichbarkeit:
U1, U3 Station Stephansplatz